Aktienportfolio kontrollieren: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Niedrige Zinsen und der Mangel an attraktiven Anlagealternativen haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass sich immer mehr Anleger:innen in Österreich wieder der Aktie zuwenden. Gerade europäische Titel gelten laut vieler Expert:innen als attraktiv bewertet.

Vielleicht hast auch du den Weg an die Börse gefunden und hältst bereits einige Wertpapiere in deinem Depot. Aber wie geht es weiter, wenn die Kaufentscheidung einmal getroffen ist?

In diesem Beitrag erfährst du, warum die Kontrolle deines Aktienportfolios in regelmäßigen Abständen nicht nur wichtig, sondern für den langfristigen Erfolg entscheidend ist.

Aktien kaufen und liegen lassen?

Viele Langfristanleger:innen kennen das berühmte Zitat des Börsengurus André Kostolany: 

„Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten und schauen Sie die Papiere nicht mehr an. Nach vielen Jahren werden Sie sehen: Sie sind reich.“ 

Das klingt verlockend einfach. Doch die Zeiten haben sich geändert. Der Aktienmarkt ist schnelllebiger geworden, und das Prinzip „Augen zu und durch“ hat nur selten zum Erfolg geführt. 

Die Grenzen der Buy-and-Hold-Strategie

Die sogenannte Buy-and-Hold-Strategie – also Wertpapiere kaufen und über lange Zeit halten – ist ein fundamentales Konzept für viele private Investor:innen. Diese Anlagestrategie funktioniert vor allem über lange Zeiträume, da so von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung und dem Zinseszinseffekt profitiert werden kann.

Doch auch eine auf langfristiges Halten ausgelegte Strategie sollte mit entsprechender Kontrolle verbunden sein, aus folgenden Gründen:

  • Rasante Entwicklung: Der Markt von heute ist geprägt von rasanter technologischer Entwicklung. Was gestern eine attraktive Investition war, kann morgen schon obsolet sein.

  • Politik: Geopolitische Unsicherheiten beeinflussen die Börse. 

Die zentrale Frage lautet:

“Sind die Gründe, warum du die Aktie gekauft hast, noch gegeben?”

Wenn ein Unternehmen seine strategische Ausrichtung drastisch ändert, die Marktführerschaft verliert oder sich die politischen Rahmenbedingungen fundamental verschlechtern, ist es ratsam, deine ursprüngliche Investment-These zu hinterfragen. Das hat nichts mit Hektik zu tun, sondern mit einem disziplinierten Risikomanagement.

Der Depot-Check-up: So kontrollierst du dein Aktienportfolio richtig

Regelmäßige Kontrolle bedeutet nicht, dass du täglich auf fallende Kurse reagieren sollst. Hektische Verkäufe und häufiges Umschichten sind oft kostenintensiv und kontraproduktiv. Die Kontrolle soll vielmehr nach vorgegebenen Kriterien erfolgen, um Emotionen auszuschalten.

Wir schlagen dir einen strukturierten 4-Punkte-Check vor, den du zum Beispiel einmal pro Quartal durchführen kannst:

 

Prüfe deine Risikobereitschaft

Dein Portfolio sollte immer zu deinem Risikoprofil passen. Kontrolliere, ob die aktuelle Zusammensetzung deines Depots – also das Verhältnis von Aktien zu anderen Anlageklassen (wie Anleihen oder Zertifikate) – noch deiner persönlichen Risikobereitschaft und deinem Anlagehorizont entspricht.

  • Beispiel: Du näherst dich dem Pensionsalter? Dann macht es Sinn, risikoreichere Werte zugunsten stabilerer Anlagen zu reduzieren.

Kontrolliere deine Investment Thesen

Gehe alle Positionen durch und beantworte die Frage nach den Kaufgründen:

  • Geschäftsmodell-Check

Ist das Unternehmen immer noch so innovativ bzw. profitabel oder marktführend, wie du es zum Kaufzeitpunkt eingeschätzt hast?

  • Fundamentaldaten

Hat sich die finanzielle Situation (Gewinne, Schulden, Cashflow) des Unternehmens signifikant verschlechtert?

  • Management

Hat das Management gewechselt oder Entscheidungen getroffen, die du kritisch siehst?

Checke die Diversifikation (Streuung)

Eine der größten Gefahren ist die einseitige Verteilung des Investments. Überprüfe, wie dein Kapital aufgeteilt ist:

  • Geografische Streuung: Hast du vielleicht zu viele österreichische oder europäische Aktien im Depot und bist zu wenig global aufgestellt?

  • Branchen-Streuung: Bist du in einer bestimmten Branche (z.B. Technologie) übergewichtet? Wenn diese Branche unter Druck gerät, leidet dein ganzes Portfolio.

  • Allokation: Entspricht das Verhältnis von Aktien, Fonds und anderen Wertpapieren deinen ursprünglichen Vorgaben?

 Beurteile die Performance

Vergleiche die Wertentwicklung deines Depots mit einem geeigneten Benchmark (einem Index wie ATX oder MSCI World). Ist dein Portfolio deutlich schlechter als der Index? Das kann ein Zeichen dafür sein, dass du anpassungsbedürftige Titel hältst.

Mehr als nur Aktien: Flexibilität mit Zertifikaten nutzen

Beim Aktieninvestment bist du klassischerweise immer auf steigende Kurse angewiesen, um eine attraktive Rendite zu erzielen. Wenn die Börse stagniert oder leicht fällt, kann es schwierig werden, Gewinne zu realisieren.

Hier kommen andere Wertpapiere ins Spiel. Durch die Möglichkeit, nicht nur in klassische Aktien, sondern auch in Anlageformen wie Zertifikate oder ETFs zu investieren, ergeben sich Gelegenheiten, Chancen und Risiken zu optimieren. Bei bestimmten Zertifikatsformen können oft bereits Seitwärtsbewegungen oder sogar leicht fallende Kurse bei den Basiswerten ausreichen, um eine Rendite zu erwirtschaften.

Diese Diversifikation über unterschiedliche Anlageklassen hinweg ist ein Schlüssel zu einem stabilen und widerstandsfähigen Portfolio und sollte fester Bestandteil deines Überprüfungsprozesses sein.

Langer Atem ist gefragt: Langfristiger Erfolg an der Börse

Ein Blick auf die letzten Jahrzehnte zeigt, dass die Aktienanlage ihre Überlegenheit gegenüber anderen Anlageformen in der Regel erst bei sehr langen Zeiträumen (deutlich über 10 Jahre) voll ausspielen kann.

Nach wie vor stellen Aktien einen wichtigen Baustein der Vermögensanlage dar, besonders wenn du langfristige Ziele verfolgst, wie etwa die private Altersvorsorge. Doch auch hier gilt: Die von Kostolany vertretene Buy-and-Hold-Strategie muss mit einer gewissen Kontrolldisziplin kombiniert werden.

Du musst nicht jede Woche handeln, aber du solltest deine Investments kennen und sicherstellen, dass sie langfristig zu deinen Zielen passen. Nur wer seine Investments im Blick behält, kann frühzeitig auf Veränderungen reagieren und den Grundstein für den Aufbau eines stabilen Vermögens legen.

Häufig gestellte Fragen zur Portfolio-Kontrolle

Es empfiehlt sich, eine feste Regelmäßigkeit festzulegen, zum Beispiel einmal pro Quartal. Das stellt sicher, dass du genügend Zeit hast, die Wertentwicklung objektiv zu beurteilen, ohne in Panik zu geraten. Bei großen Marktveränderungen oder wichtigen Unternehmensnachrichten kann eine außerplanmäßige Kontrolle sinnvoll sein.

Am wichtigsten ist die Prüfung deiner Investment-These: Sind die ursprünglichen Gründe für den Kauf der Aktie noch intakt? Außerdem solltest du prüfen, ob die Portfoliostruktur noch zu deiner aktuellen Risikobereitschaft passt.

Nein. Hektisches Umschichten bei fallenden Kursen ist fast immer kontraproduktiv und verursacht unnötige Kosten (Ordergebühren, Steuern). Konzentriere dich auf die langfristigen Kriterien deines 4-Punkte-Checks und nicht auf kurzfristige Kursschwankungen.