, dpa-AFX

EQS-News: Chancengerechtigkeit muss Chefsache werden / FidAR-Analyse zeigt Wege auf, wie gleichberechtigte Teilhabe in der Privatwirtschaft gelingt (deutsch)

Chancengerechtigkeit muss Chefsache werden / FidAR-Analyse zeigt Wege auf, wie gleichberechtigte Teilhabe in der Privatwirtschaft gelingt

Emittent / Herausgeber: FidAR - Frauen in die Aufsichtsräte e. V. /

Schlagwort(e): Studie/Studienergebnisse

Chancengerechtigkeit muss Chefsache werden / FidAR-Analyse zeigt Wege auf,

wie gleichberechtigte Teilhabe in der Privatwirtschaft gelingt

23.05.2024 / 10:11 CET/CEST

Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich.

Pressemitteilung

Chancengerechtigkeit muss Chefsache werden / FidAR-Analyse zeigt Wege auf,

wie gleichberechtigte Teilhabe in der Privatwirtschaft gelingt

* Mehr Frauen in Aufsichts- und Managementgremien bedeutet noch keine

echte Teilhabe

* Kenntnisse der Unternehmen über die Führungspositionengesetze weisen

teils große Lücken auf

* Bestehende Karrierehemmnisse für Frauen gezielt abbauen

* Etablierung einer gleichberechtigten Unternehmenskultur ist Schlüssel

für mehr Gleichberechtigung

Berlin, 23.05.2024: Nie waren so viele Frauen in Führungspositionen der

Privatwirtschaft vertreten. Die seit 2015 geltenden Vorgaben des

Führungspositionengesetzes zeigen Wirkung. Insbesondere dort, wo gesetzliche

Regelungen greifen, hat die Zahl der Frauen deutlich zugenommen. In den

Aufsichtsräten der derzeit 179 im DAX, MDAX und SDAX sowie der im

Regulierten Markt notierten, paritätisch mitbestimmten Unternehmen liegt der

Frauenanteil bei 36,5 Prozent, in den Vorständen werden 19,3 Prozent

erreicht.

Doch trotz der positiven Zahlen kann von Chancengerechtigkeit noch keine

Rede sein. Weiterhin bestehen in den Unternehmen bedeutende Hemmnisse, die

Karrierechancen von Frauen beeinträchtigen. Die Vorgaben des Gesetzgebers

sind teilweise kaum bekannt - selbst in Unternehmen, die gesetzlichen

Regelungen unterliegen. Gleichberechtigte Teilhabe wird nicht oder nur

oberflächlich umgesetzt. Von Männern dominierte hierarchische

Führungsstrukturen hemmen weiterhin die Karriere von Frauen. Zudem sind

Aufstiegschancen und Beförderung oftmals intransparent gestaltet. Defizite

bei der Vereinbarkeit von Familie und Karriere hindern beim Aufstieg in

Führungspositionen - und das betrifft selbst heute meist vorwiegend die

Frauen. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der Wirkungsanalyse von FidAR

zur Umsetzung der Führungspositionengesetze, die heute in Berlin vorgestellt

wird.

Der Praxisleitfaden basiert auf einer umfassenden Befragung von knapp 200

Frauen und Männer in Führung und Aufsicht in der Privatwirtschaft,

virtuellen Dialogrunden mit weiblichen und männlichen Aufsichtsräten und

Vorständen sowie ausführlichen Hintergrundgesprächen mit Entscheiderinnen

und Entscheidern führender Unternehmen. Der gesetzliche Rahmen der

Führungspositionengesetze wird umfassend und praxisnah aufbereitet, zudem

enthält der Leitfaden konkrete Handlungsempfehlungen für die Unternehmen zur

Umsetzung der geltenden Vorgaben.

"Ich freue mich, dass die gesetzlichen Regelungen so schnell Wirkung gezeigt

haben. Wichtig ist aber, dass sich nicht nur in den Aufsichtsräten und

Vorständen etwas verändert. Die Umsetzung von vorgegebenen Zielgrößen geht

nur schleppend voran. Hier sehen wir, wie groß der Handlungsbedarf in vielen

Unternehmen ist - insbesondere dort, wo keine Quotenregelungen gelten.

Gleichberechtigung von Frauen und Männern muss auf allen Hierarchieebenen in

den Unternehmen gelebt werden. Mit dem Praxisleitfaden von FidAR liegen nun

ausführliche Empfehlungen dafür vor, welche Potenziale in einer

Unternehmenskultur liegen, die auf gleichberechtigter Teilhabe basiert.

Parität in der Führung werden wir nur dann erreichen, wenn in allen

Bereichen der Unternehmen die Voraussetzungen für Chancengerechtigkeit

geschaffen werden", erklärt Bundesfrauenministerin Lisa Paus.

Aus der Befragung der Führungskräfte ergibt sich, dass eine

Gleichstellungskultur im Unternehmen zentrale Voraussetzung für Fortschritte

bei der gleichberechtigten Teilhabe ist. Die Defizite bei der Umsetzung

konkreter Maßnahmen sind allerdings groß:

* 92 % der Befragten sehen in der Sanktionierung von sexistischem

Verhalten ein zentrales Element zur Steigerung des Frauenanteils - aber

nur 68 % der Unternehmen ergreifen Maßnahmen dazu.

* Knapp 80 % halten Fördermaßnahmen für Personen mit Erziehungs- und

Pflegeverantwortung für wichtig, aber nur in 35,7 % der Unternehmen

werden diese auch umgesetzt.

Auch bei der Einschätzung der Wirksamkeit von Zielgrößen und der

Wahrnehmung, wie sie im Unternehmen umgesetzt werden, bestehen erhebliche

Unterschiede:

* Etwa 80 % der Befragten sprechen der Wirksamkeit von Zielgrößen eine

bedeutende Rolle bei der Steigerung des Frauenanteils zu, aber in

weniger als 50 % der Unternehmen werden Zielgrößen als Instrument auch

angewendet.

"Wir beobachten schon lange, dass die Zielgrößen in den Unternehmen nur

zögerlich bis gar nicht angewendet werden. Zudem bestehen weiterhin große

Defizite bei der Transparenz. Dabei gilt: Nur wer strategisch mit mehr

Frauen plant und das auch transparent veröffentlicht, wird diese Ziele auch

erreichen und sie damit in der Unternehmenskultur verankern", betont

FidAR-Präsidentin Prof. Dr. Anja Seng.

Wie bei den Zielgrößen bestehen bei der Personalgewinnung und den

Aufstiegswegen in den Unternehmen erhebliche Defizite, die erkannt, aber

nicht angegangen werden:

* 90 % der Befragten sehen in nachvollziehbaren Prozessen bei der

Besetzung von Positionen in Aufsichtsrat und Vorstand Potenzial zur

Steigerung des Frauenanteils. Aber nur 48 % halten die Prozesse im

eigenen Unternehmen für entsprechend transparent.

Aus Sicht der Befragten existieren in den Unternehmen nach wie vor

gravierende Hemmnisse, die den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen

erschweren, und die dringend abzubauen sind:

* 71 % der befragten Frauen und 50 % der Männer sehen männerdominierte

Führungsstrukturen als Hemmnis für den Aufstieg von Frauen in

Führungspositionen.

* Jeweils 48 % der Frauen empfinden eine autoritäre Führungskultur und

unterschiedliche Wertvorstellungen von Frauen und Männern als Hemmnis

für ihre Karriere.

* Dagegen sehen nur 40 % der Frauen und 30 % der Männer eine Präsenzkultur

und lediglich 36 % bzw. 30 % einen Führungsstil, der Kontrolle über

Vertrauen setzt, als Hemmschuh für den Aufstieg.

"In einem von männlichem Hierarchiedenken geprägten Unternehmen kann

gleichberechtigte Teilhabe nicht gelingen. Veränderungen sind hier dringend

notwendig. Aber diese müssen von innen heraus kommen. Eine gleichberechtigte

Unternehmenskultur muss über alle Hierarchieebenen hinweg etabliert und

gelebt werden. Das kann der Gesetzgeber alleine nicht leisten, hier sind die

Unternehmen selbst gefordert, Maßnahmen zu ergreifen und umzusetzen. Unser

Praxisleitfaden gibt Handlungsempfehlungen, die in jedem Unternehmen dazu

beitragen können, den Frauenanteil in der Führung zu erhöhen", so Monika

Schulz-Strelow, Gründungspräsidentin von FidAR, die die Studie geleitet hat.

Der Praxisleitfaden sieht sechs zentrale Ansätze, mit denen Unternehmen der

Privatwirtschaft die Chancengerechtigkeit in Aufsichts- und

Führungspositionen wirksam verbessern können:

* Eine verbindliche Strategie zur Erhöhung des Frauenanteils auf allen

Leitungsebenen durch einen Code of Conduct formulieren, der im

Unternehmensleitbild festgeschrieben wird.

* Eine menschenzentrierte Unternehmenskultur etablieren, in der Sexismus

nicht toleriert wird.

* Rekrutierung und Beförderung transparent gestalten durch objektive

Kriterien bei der Stellenbesetzung.

* Vereinbarkeit von Beruf- und Privatleben verbessern durch mobiles

Arbeiten, Homeoffice, Kinderbetreuung und Familienservicedienstleister.

* Frauen gezielt durch Netzwerke, Mentoringprogramme und Coachings

empowern.

* Role Models und Male Allies fördern - wobei Männern eine Schlüsselrolle

zukommt, indem sie sich für eine gleichstellungsorientierte Kultur

einsetzen und so mit gutem Beispiel vorangehen.

Der Praxisleitfaden soll dazu auch beitragen, den vom Gesetzgeber in den

Führungspositionengesetzen geschaffenen Rahmen mit praxisnahen Empfehlungen

zu stärken, die den Unternehmen den Weg hin zur gleichberechtigen Teilhabe

erleichtern.

"Unser Ziel ist, aus der Praxis für die Praxis konkrete Handlungstipps zu

geben. Die wichtigste Erkenntnis aus der Befragung der Unternehmen ist, dass

viele Entscheiderinnen und Entscheider die gesetzlichen Vorgaben teils nur

rudimentär kennen und es noch große Defizite bei der Umsetzung gibt.

Deswegen sind Impulse für praktikable Maßnahmen so wichtig, mit denen

Unternehmen der Privatwirtschaft für mehr Geschlechtergerechtigkeit sorgen

können", betont Prof. Dr. Anja Seng. "Zur Parität ist es noch ein weiter

Weg. Sie wird nur gelingen, wenn aus den Unternehmen heraus mehr Engagement

gezeigt wird. Wir müssen die zahlreichen Hemmnisse endlich überwinden, damit

nicht nur die Zahlen besser werden, sondern die Teilhabe in der Wirtschaft

auch gelebt wird und die vorhandenen Potenziale besser genutzt werden",

erklärt Monika Schulz-Strelow.

Der Praxisleitfaden wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen

und Jugend gefördert. Er kann unter https://wirkungsanalyse.wob-index.de

eingesehen werden. Die aktuelle Studie zum Women-on-Board-Index 185 vom Juli

2023 finden Sie unter www.wob-index.de.

Ihre Ansprechpartnerinnen

Prof. Dr. Anja Seng, Präsidentin FidAR - Frauen in die Aufsichtsräte e. V.,

Berlin

Tel.: +49 (1 51) 12 54 64 60, E-Mail: anja.seng@fidar.de

Monika Schulz-Strelow, Projektleitung Studien, Gründungspräsidentin FidAR -

Frauen in die Aufsichtsräte e. V., Berlin

Tel.: +49 (30) 887 14 47 13, E-Mail: monika.schulz-strelow@fidar.de

Pressekontakt

Matthias Struwe | Eye Communications | Agentur für Presse- und

Öffentlichkeitsarbeit

Tel.: +49 (7 61) 137 62-21, E-Mail: m.struwe@eyecommunications.de

Über FidAR

FidAR - Frauen in die Aufsichtsräte e. V. ist eine überparteiliche und

überregionale Initiative, die 2006 von Frauen in Führungspositionen in

Wirtschaft, Wissenschaft und Politik ins Leben gerufen wurde. FidAR strebt

eine nachhaltige Erhöhung des Frauenanteils in den Aufsichtsräten deutscher

Unternehmen und die Verbesserung der Unternehmenskontrolle und -kultur an.

Ziel der Initiative, getragen von über 1.400 Frauen und Männern, ist die

paritätische Besetzung aller Führungspositionen in der deutschen Wirtschaft.

FidAR verfolgt diese Ziele im engen Austausch mit Wirtschaft, Politik,

Wissenschaft und in Kooperation mit den relevanten Wirtschafts- und

Frauenverbänden. Mehr Informationen zu FidAR im Internet unter www.fidar.de.

Veröffentlichung einer Mitteilung, übermittelt durch EQS Group AG.

Medienarchiv unter https://www.eqs-news.com.

Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich.

AXC0108 2024-05-23/10:11

Copyright dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von dpa-AFX ist nicht gestattet.