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ROUNDUP: Immobilienpreise sinken 2023 im Rekordtempo

WIESBADEN (dpa-AFX) - Jähes Ende eines langen Booms: Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland sind 2023 so stark gefallen wie seit der Jahrtausendwende nicht mehr. Wohnimmobilien verbilligten sich im Schnitt um 8,4 Prozent gemessen am Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. "Das war der stärkste Rückgang im Vorjahresvergleich seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000 und der erste Rückgang seit dem Jahr 2007." Davor hatten sich Wohnimmobilien zwischen 2008 und 2022 stetig verteuert. Banken erwarten, dass der jüngste Preisrückgang mit sinkenden Zinsen dieses Jahr endet.

Auch zum Jahresende 2023 setzte sich der Verfall fort, wenn auch abgeschwächt: Im vierten Quartal gingen die Preise laut der Wiesbadener Statistiker um 7,1 Prozent zum Vorjahreszeitraum zurück und um 2 Prozent zum Vorquartal. Im dritten und zweiten Quartal waren die Preise im Schnitt noch jeweils um rund zehn Prozent im Jahresvergleich gefallen.

Besonders Städte betroffen

Hauptgrund der Immobilienkrise sind kräftig gestiegenen Zinsen, die Kredite stark verteuert haben. Viele Menschen können oder wollen sich die eigenen vier Wände nicht mehr leisten, und für Großanleger rechnen sich Investments nicht mehr. Zugleich bleibt die Nachfrage nach Wohnraum gerade in Städten hoch, nicht zuletzt wegen der hohen Zuwanderung, während der Neubau wegen des Zinsanstiegs und teurer Materialien in der Krise steckt.

Sowohl in den Städten als auch auf dem Land bröckelten die Preise zum Jahresende, so die Statistiker. In den sieben Metropolen - Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf - fielen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser im vierten Quartal um 9,1 Prozent zum Vorjahreszeitraum, Eigentumswohnungen kosteten 5,8 Prozent weniger.

In städtischen Kreisen war der Preisrückgang für Ein- und Zweifamilienhäuser mit 11 Prozent zum Vorjahresquartal besonders groß. Für Eigentumswohnungen mussten Käufer dort im Schnitt gut sieben Prozent weniger bezahlen. In dünn besiedelten ländlichen Kreisen waren Ein- und Zweifamilienhäuser 6,9 Prozent und Eigentumswohnungen 2,8 Prozent zu haben.

Korrektur nach beispiellosem Boom

Allerdings handelt es sich bei den Zahlen um Durchschnittsdaten. Das Preisgefälle zwischen modernen, energieeffizienten Gebäuden und Immobilien mit hohem Energieverbrauch ist groß. Während Gebäude mit alten Öl- oder Gasheizungen und schlechten Energieklassen Untersuchungen zufolge stark an Wert verloren haben, werden Objekte, die auf dem technischen neuesten Stand sind und wenig Energie verbrauchen, deutlich teurer verkauft.

Nach Einschätzung des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) gab es am deutschen Immobilienmarkt 2023 den stärksten Preisrückgang seit rund 60 Jahren. Noch nie seit Beginn der Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse seien die Immobilienpreise "so schnell so stark" gefallen, hatte das Institut im Februar erklärt. Allerdings sei die Korrektur angebracht: Seit dem Jahr 2009 seien die Immobilienpreise dank damaliger Niedrigzinsen je nach Segment um das Drei- bis Vierfache gestiegen, ehe 2022 der Absturz begann.

Ungeachtet des Preisverfalls ist die Nachfrage nach Wohnraum ungebrochen - auch weil nur wenig gebaut wird. Das Ifo-Institut rechnet 2024 nur noch mit rund 225 000 Fertigstellungen nach etwa 270 000 im vergangenen Jahr. Das einstige Ziel der Bundesregierung von 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr liegt längst außer Reichweite.

Kommt mit sinkenden Zinsen die Wende?

Dieses Jahr rechnen Banken mit einem Ende der Immobilienkrise - denn mit der gesunkenen Inflation wird erwartet, dass die Europäische Zentralbank im Juni die Leitzinsen senkt. In Erwartung der Zinswende sind die Bauzinsen schon deutlich gefallen: Für zehnjährige Kredite waren laut FMH-Finanzberatung aktuell knapp 3,5 Prozent pro Jahr fällig - Ende Oktober waren es noch über vier Prozent. Das verbilligt Immobilienfinanzierungen.

Die Landesbank Helaba etwa hält eine Stabilisierung der Wohnimmobilienpreise 2024 für wahrscheinlich. Auch die DZ Bank rechnet damit, dass sich die Korrektur am Immobilienmarkt verlangsamt und die Preise im Jahresschnitt nur noch leicht fallen. Der Scheitelpunkt bei den Zinsen sei wohl überschritten.

Die Zusagen von Banken für Immobilienkredite an Privatkunden sind zu Jahresbeginn bereits wieder etwas gestiegen. Nach Daten der Bundesbank wurden im Januar Wohnbaukredite in Höhe von knapp 14,7 Milliarden Euro vergeben, der höchste Wert seit März 2023.

Der Verband der Pfandbriefbanken, der die wichtigsten Immobilienfinanzierer in Deutschland vertritt, warnte zuletzt vor zu viel Euphorie. "Eine Trendwende bei den Immobilienpreisen, über die bereits des Öfteren in der Öffentlichkeit spekuliert wird, ist noch nicht absehbar", sagte Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt. "Auch 2024 wird vorerst schwierig bleiben."/als/DP/mis

 ISIN  DE0008303504  LU0775917882  DE000LEG1110  DE000A1ML7J1

AXC0130 2024-03-22/11:10

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