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Von Hasardeuren, Marktebbe und dem Aktiengesetz (Podcast „Von Bullen & Bären” 56: Herwig Teufelsdorfer)

Womit wir gleich beim Thema sind. Denn s Immo-Gründungsvater Ernst Vejdovszky propagierte eine zyklusorientierte Strategie, Nachfolger Bruno Ettenauer wollte den Multi-Asset-Ansatz verfeinern - bei Herwig Teufelsdorfer heißt es jetzt Capital Recycling, nutzen von Marktopportunitäten. Grosso modo eine Fortführung der bisherigen Strategie mit dem sich daraus aber ergebenden Umbau des Portfolios. Heißt derzeit weniger (deutsche) Wohnimmobilien, mehr Gewerbe und hier vor allem mehr Retail als Büro.

Den Zug weg von der Wohnimmobilie erklärt Teufelsdorfer damit, dass die Wohnimmobilie von niedrigen Zinsen lebt. Und sich die s Immo in einem Umfeld steigender/höherer Zinsen als falscher Eigentümer ansieht.

Dass der s Immo-Chef im Bereich Retail durch Amazon keinen Todesstoß fürs Geschäft erwartet, erklärt er in der immer angestrebten Verbindung aus Retail mit Nahversorgungscharakter: „Shopping-Center haben einen gewissen Unterhaltungscharakter, Besucher erledigen dort nicht nur ihre Grundbedürfnisse, sondern verbringen auch einen Teil ihrer Freizeit dort – in Food Corners etc. Amazon wird weiter wachsen, wird in gewissen Teilen aber nie das lokale Shopping Center ersetzen können.”

Beim Stichwort Büro fällt schnell der kürzliche Kauf der Twin Towers am Wienerberg ein. Von Großaktionär Immofinanz (hält direkt und indirekt über die eigene Mutter CPI Property rund 90% der s Immo-Anteile). Sind das Ladenhüter, die die s Immo kaufen muss? Für Teufelsdorfer allein schon mit Hinweis auf das Aktiengesetz eigentlich keine Frage. Dafür sieht er im aktuellen Umfeld sogar große Vorteile in dieser 3er-Konstellation ... als derjenige, der mit (viel) Cash ausgestattet ist: die s Immo kann kaufen, während der Transaktionsmarkt an sich ausgetrocknet ist. Die s Immo will aber auch kaufen .. und kann es. Denn es gilt die Mittel aus den Anteilsverkäufen an CA Immo und Immofinanz sowie durch den (fortschreitenden) Verkauf des deutschen Wohnimmobilienverkaufs wieder zu investieren. Das mit dem Ziel der Renditesteigerung im Konzern. Denn deutsche Wohnimmobilien bringen derzeit eine Mietrendite von etwa 3% und werden mit mehr als 70% Eigenkapital unterlegt. Auch dieses Geld wird nun frei und vorwiegend in Österreich und CEE angelegt - mit einer Zielrendite von 6% plus. Und Eigenkapital wird dabei nur zu 40 bis 60% eingesetzt. Teufelsdorfer verweist hier auch bereits auf erste Erfolge: so sind die Mieterlöse im 3. Quartal (ohne Hotel) von 113 auf 143 Mio. Euro gestiegen. „Wir profitieren in Zeiten wie diesen, wo Liquidität ein großer Vorteil ist”, sagt Teufelsdorfer und verweist auf eine prall gefüllte Kriegskasse im dreistelligen Millionenbereich. Kurzum: „Wir sehen uns als antizyklischen Investor, der derzeit zu sehr attraktiven Preisen einkaufen kann und gehe somit davon aus, dass wir so den nächsten Aufschwung mitnehmen können.”

Wie Teufelsdorfer hierbei denkt, illustriert er am Beispiel der gekauften Twin Towers: in den nächsten bis zu sieben Jahren wird der Gebäudekomplex punkto EU-Taxonomie komplett renoviert. Das hilft der s Immo bei den eigenen ESG-Zielen und soll den Wert des Gebäudes knapp verdoppeln - 2032 kommt die U-Bahn...

Apropos ESG. Denn hier erwartet Teufelsdorfer, dass die EU-Taxonomie mehr und mehr von der Betrachtung des einzelnen Objekts zum Jetztzeitpunkt lösen wird. Und der Lebenszyklus in Summe angesehen wird. Heißt dann aber auch, dann man drauf’kommen wird, dass ein Zinshaus aus der Jahrhundertwende einen geringeren CO2-Fußabdruck hinterlässt, als ein modernes Gebäude. Womit wir im Podcast zum Thema künftige Ladenhüter kommen. Aber auch, warum ein nachhaltig zertifiziertes Gebäude ein zutiefst kapitalistisches Eigeninteresse des Vermieters ist.

Zinsen und Inflation sorgen Teufelsdorfer wenig. Er erwartet zwar in den nächsten Jahren steigende Kapitalkosten für die s Immo, das aber von einem niedrigen Niveau aus (im Schnitt 2,29% für Darlehen, 2,47% bei Anleihen). Und alle Mietverträge der s Immo sind im gewerblichen Bereich indexiert.

Eine Änderung der Dividendenpolitik - bisher wurden 50 bis 60% des Überschusses ausgeschüttet - strebt Teufelsdorfer nicht an.

Mehr dazu gibt’s im Podcast hier

 

Aus dem Börse Express PDF vom 14.12.2023 

Screen 14122023 

 

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