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ROUNDUP/Labor- und Halbleitergeschäft schwächeln weiter: Merck senkt Ausblick

DARMSTADT (dpa-AFX) - Merck kämpft nach dem Corona-Boom noch immer mit dem Nachfragerückgang in der Laborsparte. Zudem schwächelt unverändert das Halbleitergeschäft. Dadurch mussten die Darmstädter trotz Zuwächsen im Arzneiverkauf im zweiten Quartal Umsatz- und Ergebniseinbußen verkraften. Das Management senkt nun seine Jahresziele, denn auch der Gegenwind durch die Wechselkurse nimmt zu. "2023 bleibt ein Übergangsjahr für uns", bekräftigte Konzernchefin Belen Garijo laut Mitteilung vom Donnerstag in Darmstadt. "Wir sind aber weiter zuversichtlich, unser mittelfristiges Wachstumsziel von 25 Milliarden Euro Umsatz bis 2025 erreichen zu können."

Im laufenden Jahr dürfte der Umsatz laut der neuen Prognose jedoch von 22,2 Milliarden im Vorjahr auf 20,5 bis 21,9 Milliarden Euro sinken, wie Merck mitteilte. Zuvor standen noch 21,2 bis 22,7 Milliarden im Plan. Für das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) stellt Merck einen Rückgang auf 5,8 bis 6,4 Milliarden Euro in Aussicht im Vergleich zu 6,85 Milliarden ein Jahr zuvor. Bisher wurden 6,1 bis 6,7 Milliarden Euro avisierten. Die stärkeren negativen Effekte durch die Wechselkurse sollen dabei sowohl auf Umsatz als auch auf das Ergebnis durchschlagen.

Die Schwäche in der Laborsparte und im Halbleitergeschäft beschäftigt Merck schon seit Monaten. Einige Branchenfachleute gehen bereits davon aus, dass die Erholung beim Konzern noch länger auf sich warten lässt und hatten daher ihre eigenen Annahmen unlängst gekürzt. Durch die Senkung der Konzernprognose liegen die durchschnittlichen Analystenerwartungen jetzt in den oberen Hälften der neuen Spannen.

Die Aktie drehte kurz nach Handelsstart ins Plus. Mit Kursgewinnen von zuletzt 2,8 Prozent im Vergleich zum Mittwochsschlusskurs gehörte die Aktie zu den Gewinnern im insgesamt schwachen Dax. Jefferies-Analyst Brian Balchin verwies auf das etwas besser als erwartet ausgefallene operative Ergebnis.

Konzernweit sank der Umsatz im zweiten Quartal um knapp fünf Prozent auf 5,3 Milliarden Euro. Hatte Merck zu Jahresbeginn noch von der Umrechnung in Euro profitiert, belasteten nun vor allem der US-Dollar und der chinesische Renminbi. Mercks Laborsparte musste einen Umsatzrückgang um gut elf Prozent verkraften.

Der Bereich hatte in der Corona-Pandemie von einer regen Nachfrage von Impfstoffforschern und -herstellern profitiert, doch ebbt das Interesse deutlich ab. Garijo setzt ihre Hoffnung nun auf eine bessere Nachfrage von pandemieunabhängigen Kunden. Allerdings bauen viele Abnehmer momentan auch ihre zuvor kräftig aufgestockten Lager ab und bestellen weniger bei den Südhessen. Damit ist Merck nicht allein, auch Wettbewerber wie etwa der Pharmazulieferer Sartorius kämpfen mit dieser Situation.

Ähnlich hohe Einbußen wie die Laborsparte verzeichnete auch Mercks Bereich Electronics, der den größten Teil seines Geschäfts mit der Halbleiterindustrie macht - deren Erholung verzögert sich jedoch weiter. Sie könnte auch nächstes Jahr noch andauern, sagte Merck-Chefin Garijo am Donnerstagmorgen der Nachrichtenagentur Bloomberg. Bislang hatte das Management mit einer Erholung zumindest auf niedrigem Niveau in den kommenden Monaten gerechnet. Auch im Geschäft mit Flüssigkristallen etwa für Displays und Smartphones ging es wegen des anhaltenden Preisdrucks und asiatischer Konkurrenz weiter abwärts.

Dagegen florierte das Pharmageschäft der Darmstädter, die größten Wachstumstreiber blieben unverändert vor allem jüngere Arzneien wie Mavenclad (Multiple Sklerose) und das Krebsmedikament Bavencio. Aber auch mit älteren Arzneien konnte Merck zulegen.

Zudem spielten anhaltende Lieferschwierigkeiten eines Wettbewerbers dem Unternehmen im Geschäft mit Fruchtbarkeitsprodukten in die Hände. Die gesamte Pharmasparte stach mit einem Umsatzplus von 6,5 Prozent positiv im Konzern heraus. Das reichte aber nicht, um die Einbußen der beiden anderen Standbeine abzufangen.

Konzernweit ging so das bereinigte operative Ergebnis in den drei Berichtsmonaten im Vergleich zum Vorjahr um knapp 13 Prozent auf 1,55 Milliarden Euro zurück. Unter dem Strich entfielen auf die Anteilseigner 704 Millionen, nach 867 Millionen Euro vor einem Jahr.

Merck kommt die Schwäche im Halbleitergeschäft mehr als ungelegen, denn der Konzern hatte mit dem Zukauf des Zulieferers Versum Materials im Jahr 2019 die Sparte neu auf die vermeintlich wachsende Industrie ausgerichtet. Diese leidet aktuell jedoch vor allem an einer rückläufigen Nachfrage im Konsumentengeschäft etwa mit Smartphones, da Inflation und höhere Zinsen das verfügbare Einkommen der Verbraucher schrumpfen lassen. Die Signale aus der Industrie blieben zuletzt durchwachsen: So kürzte etwa der weltgrößte Chipauftragsfertiger TSMC seine Umsatzziele.

Zusammen mit der rückläufigen Nachfrage im Laborgeschäft ist dies aktuell eine ungünstige Mischung für den Dax -Konzern. Chefin Garijo hat sich bisher jedoch stetig zuversichtlich gegeben, dass Merck diese Herausforderungen dank seiner breiten Aufstellung durch sein "diversifiziertes Geschäftsmodell" meistern kann./tav/lew/jha/

 ISIN  DE0006599905

AXC0123 2023-08-03/09:43

Relevante Links: Merck KGaA, Taiwan Semiconductor Manufacturing Company Ltd., Sartorius AG

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