FRANKFURT (dpa-AFX) - Trotz wachsender Konjunktursorgen infolge
eines enttäuschenden Ifo-Geschäftsklimas hat sich der deutsche
Aktienmarkt am Montag etwas stabilisiert. Der Dax
ging nach einer äußerst schwachen Vorwoche 0,11 Prozent tiefer bei
15 813,06 Punkten aus dem Handel. Der Leitindex versuche das
Kursniveau bei 15 800 Punkten zu verteidigen, kommentierte
Konstantin Oldenburger, Marktanalyst bei CMC Markets. Auch ein
Putsch-Versuch in Russland am Wochenende brachte die Anleger nicht
weiter aus der Ruhe. Der MDax der mittelgroßen
Unternehmen schloss 0,16 Prozent höher bei 26 832,80 Punkten.
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Juni deutlich
verschlechtert, der Ifo-Index ist im Vergleich zum Vormonat stärker
gefallen als erwartet. "Ein Rückgang hatte sich ja schon
abgezeichnet, aber dass es so deutlich abwärts ging, schockiert dann
doch", kommentierte Jens-Oliver Niklasch, Analyst der Landesbank
Baden-Württemberg. "Wir stecken mitten in einer Rezession." Auch im
zweiten Quartal dürfe es mit der Wirtschaftsleistung insgesamt
spürbar bergab gehen.
"Es braut sich ein konjunkturelles Unwetter zusammen", kommentierte
Andreas Scheuerle, Leiter Industrieländerkonjunktur bei der
DekaBank, die Ifo-Daten. "Die Unternehmen spüren in ihren
Auftragsbüchern immer deutlicher die Bremsspuren der restriktiven
Geldpolitik hierzulande, aber auch bei wichtigen Handelspartnern
Deutschlands." Dies wirke über den Tag hinaus, da bei stark
sinkenden Geschäftserwartungen die Investitionsentscheidungen der
Unternehmen auf die lange Bank geschoben würden.
Die mauen Konjunkturaussichten belasteten zeitweise die Aktienkurse
von Banken. Mögliche Kreditausfälle und höhere Rückstellungen trüben
die Lage. Die für Banken eigentlich positive Entwicklung steigender
Zinsen, wodurch die Einnahmen der Kredithäuser stiegen, trete
derzeit in den Hintergrund, hieß es aus dem Handel. Im Falle der
Commerzbank kommen noch eigene Probleme hinzu: Das
Frankfurter Institut muss für seine polnische Tochter mBank weitere
millionenschwere Belastungen stemmen, die Rückstellungen steigen.
Die Coba-Aktien gaben um bis zu 4,4 Prozent nach, schlossen aber nur
0,3 Prozent im Minus.
Nach den Wirren in Russland am Wochenende fielen Rüstungswerte
europaweit mit deutlichen Abschlägen auf. Rheinmetall
sanken um 3,2 Prozent ans Dax-Ende, Hensoldt verloren
im MDax 3,1 Prozent. Börsianer taten sich hier mit einer
Interpretation der Kursverluste aber ähnlich schwer wie die
politischen Kommentatoren bei der Einordnung des offenbar
gescheiterten Putsch-Versuchs in Russland durch die Söldnergruppe
Wagner. Einige Anleger rechneten nun offenbar mit einer Entspannung,
aber fundamental untermauern lasse sich das kaum, hieß es von
Händlern.
Siemens Energy verloren weitere 2,1 Prozent, nachdem
die Titel des Energietechnikkonzerns am Freitag nach zurückgezogenen
Prognosen um mehr als 37 Prozent eingebrochen waren und damit einen
der größten Tagesverluste im Dax erlitten hatten. Weitere Analysten
äußerten sich zum Wochenstart pessimistisch. "Die Berechenbarkeit
ist zu schlecht", begründete etwa Vivek Midha von der Citigroup die
Rücknahme seiner Kaufempfehlung. Die Einschätzung der Lage beim
Sorgenkind, der spanischen Tochter Siemens Gamesa, habe sich
gegenüber seiner "Buy"-Einstufung im Mai grundlegend geändert.
Im Nebenwerte-Index SDax fiel Cewe mit
einem Kursplus von 3,5 Prozent positiv auf. Der Foto-Dienstleister
will bis Frühling 2024 bis zu 250 000 eigene Aktien zurückkaufen.
Dies entspricht 5,5 Prozent des Streubesitzes.
Der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone schloss
0,21 Prozent höher bei 4280,57 Punkten. Der französische Cac 40
stieg um 0,3 Prozent, während der britische FTSE 100
um 0,1 Prozent nachgab. In New York bewegte sich der
Dow Jones Industrial zum europäischen Handelsschluss
kaum.
Der Euro notierte zuletzt wenig verändert bei 1,0908
US-Dollar. Das enttäuschende Ifo-Geschäftsklima belastete die
Gemeinschaftswährung nur kurz. Die Europäische Zentralbank setzte
den Referenzkurs auf 1,0918 (Freitag: 1,0884) US-Dollar fest. Der
Dollar kostete damit 0,9159 (0,9188) Euro.
Am Rentenmarkt sank die Umlaufrendite von 2,45 Prozent am Freitag
auf 2,41 Prozent. Der Rentenindex Rex legte um 0,14
Prozent auf 125,18 Punkte zu. Der Bund-Future gewann
0,48 Prozent auf 134,74 Punkte./niw/he