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Haas: Themenwechsel

„Wie sagt schon der Fitnesstrainer: „No pain, no gain“Eine neue Börsenwoche bringt auch neue Höchststände: Die Indizes in Amerika konnten neue Rekordhochs erzielen und auch der heimische ATX durchbrach erstmals seit über 5 Jahren die 2800-Punkte Grenze. Die Entwicklung wurde vor allem angetrieben von den Rohstoffwerten: voestalpine konnte im Wochenverlauf um über 2,1% zulegen und auch der Feuerfesthersteller RHI, dessen wichtigste Kunden in der Stahlbranche sind, konnte ein Plus von 1,7% erreichen. Neben guten Quartalsberichten einiger Branchenriesen konnte der Sektor vor allem vom steigenden Kupferpreis profitieren. In zwei der größten Minen weltweit gibt es derzeit Lieferprobleme, wodurch die Preise kurzfristig nach oben schossen. „Was hat ein Streik in einer Kupfermine am anderen Ende der Welt mit der Performance der voest zu tun?“, könnte man sich nun fragen! Operativ wenig bis gar nichts, an der Börse jedoch recht viel. Trotz der Bemühungen der letzten Jahre, nicht mehr als „Stahlkonzern“ gesehen zu werden, gehört die voest nach wie vor zum „Basic Resources“ Sektor. Dadurch ist die Entwicklung der Aktie auch stark an die Performance der anderen Firmen im Sektor gebunden und damit an die Rohstoffmärkte. Das führt teilweise zu einer interessanten Situation: Sieht man sich die Finanzentwicklung der voest an, so ist diese in den letzten Jahren äußerst konstant gewesen. Das operative Ergebnis (EBIT) lag seit 2012 (!) immer zwischen 800 und 890 Mio. Euro und auch für dieses Jahr könnte es ähnlich aussehen. Die Aktie der Firma hat jedoch in diesem Zeitraum eine wilde Achterbahnfahrt erlebt: Von knapp 20 Euro je Aktie zur Jahresmitte 2012 ging es rauf auf über 40 Euro je Aktie 2015, dann wieder runter auf 22 Euro je Aktie und in den letzten Wochen kratzte das Papier wieder an den Mehrjahreshöchstständen. Zwar konnte die voest den Sektor in den letzten Jahren deutlich outperformen (immerhin handelt es sich doch um eine stabilere und bessere Firma als so manch anderer Wert im Sektor), bei den großen Bewegungen war man jedoch nur Passagier. Für dieses Verhalten gibt es mehrere Gründe. Die „technische“ Erklärung könnte die zunehmende Verwendung von Branchen-ETFs sein, die alle Firmen in einem Sektor enthalten und damit alle Aktien in einer oftmals nicht wirklich fundamental begründeten Art miteinander verbinden. Ein weiterer Grund könnten die Analysten sein, die sich vielfach auf einen bestimmten Sektor spezialisieren. Dadurch können im besten Fall Parallelen gezogen werden, um Firmenaussagen zu verifizieren. Beispielsweise könnte man die hypothetische Aussage von Beiersdorf, dass die Umsätze für ihr Nivea Duschbad aufgrund einer „Marktschwäche“ zurückgehen mit den Ergebnissen der Axe-Produkte von Unilever verifizieren. Im Falle der voest ist das jedoch deutlich schwieriger, da das Unternehmen oftmals Nischenbereiche abdeckt, sodass die „Vergleiche“ mit anderen Stahlfirmen wie einer ArcelorMittal oder gar Minenfirmen wie Rio Tinto sehr schnell irreführend werden. Ein weiterer Faktor ist die Tendenz von institutionellen Investoren in Themen zu denken. Donald Trump wird Präsident, will die US-Wirtschaft mit einem Bauprogramm beleben, deswegen schießen Rohstoffe und die Aktien im Sektor in die Höhe. Das Verhältnis mit Russland soll sich verbessern, was Firmen mit einem hohen Russlandanteil wie RBI und Carlsberg Auftrieb verleiht (eine Bank und eine Bierfirma, eine weitere interessante Kombination, wenn man mal von einigen Gerüchten absieht J). Die Türkei entpuppt sich als politisches Pulverfass, sämtliche Aktien mit einer Exposure in der Türkei wie Do&Co und Post werden abverkauft, sobald Herr Erdogan einen neuen kontroversiellen Erlass erteilt. Dabei ist es egal, dass das problematische Geschäft der Post wohl weniger Einfluss auf die Ergebnisse haben dürfte als eine Briefwahl im Burgenland… Dies kann man sich jedoch als langfristig orientierter Investor durchaus zu Nutze machen: Do&Co legte diese Woche recht solide Quartalsergebnisse vor. Der Umsatz in der Türkei ging zwar um knapp 5% zurück, dies ist jedoch ausschließlich auf Währungseffekte zurückzuführen. Unterm Strich stand trotz einiger negativer Einflüsse noch ein Umsatzplus von über 3%, nicht schlecht für eine der schlechtesten Aktien an der Wiener Börse im letzten Jahr. Das Papier konnte im Wochenverlauf um über 11% zulegen, obwohl die Ergebnisse eher eine Fortsetzung der Entwicklung des letzten Quartals darstellten, als eine komplette Neubewertung des Geschäfts. Man könnte es jedoch durchaus als ein gutes Zeichen für die Zukunft sehen, dass Do&Co auch die Strecke New York-Frankfurt für Lufthansa übernimmt, obwohl die Fluglinie selbst einen Airline-Caterer besitzt… Auch diese Woche könnte im Zeichen der langsam beginnenden heimischen Berichtssaison stehen. Zwar stehen „nur“ die Veröffentlichungen von Wienerberger und Kapsch TrafficCom an, man darf jedoch damit rechnen, dass sich der eine oder andere Analyst im Vorfeld der Zahlenveröffentlichungen in den nächsten Wochen neu positionieren will. Wie diese Woche zeigt, können sich damit für längerfristig orientierte Investoren durchaus Chancen ergeben, auch wenn man kurzfristig etwas leiden muss. Aber wie sagt schon der Fitnesstrainer: „No pain, no gain“.