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Reality Check

Die Frühlings-Berichtsaison hat diese Woche wohl zumindest was die Anzahl der Berichte betrifft ihren Höhepunkt erreicht. In den USA meldeten beinahe die Hälfte aller S&P 500 Firmen ihre Quartalsergebnisse und auch in Europa trudeln laufend Resultate ein. Ein kleines Kuriosum ist dabei der heimische Markt, wo Telekom Austria und der in der Schweiz notierte Chiphersteller ams ihre Zahlen fürs erste Quartal vorlegten, während die Baufirmen Porr und Strabag noch ihre 2017er Ergebnisse berichteten (trotz gleichem Geschäftsjahr). Die Bewegungen an den Börsen sind dabei häufig recht erratisch und spiegeln nicht immer die eigentliche Qualität der Ergebnisse wider. Dementsprechend zahlt es sich gerade jetzt aus, einen Schritt zurückzugehen und die Berichte nochmals in Ruhe durchzugehen.

Was waren also die Erkenntnisse dieser Woche? Ein wichtiges Thema, welches auch Auswirkungen auf heimische Firmen hatte, ist die deutliche Abkühlung im Smartphone-Markt. Nachdem bereits in der Vorwoche einige Chiphersteller vor einer Abkühlung im Jahresverlauf gewarnt hatten, legte auch die steirische ams Zahlen vor, die sich am besten beschreiben lassen als „Mit 160 gegen die Wand“. Zwar lagen die Q1 Ergebnisse durchaus im Rahmen der Erwartungen, der Ausblick für das nächste Quartal war hingegen ein Schlag ins Gesicht der durchaus optimistischen Analysten: Der Umsatz soll bei USD 220-225Mio. liegen, die Analysten waren hier von USD 349 Mio. ausgegangen. Nein, das ist kein Tippfehler. Die Aktie verlor daraufhin innerhalb eines Tages knapp 10%. Hauptverantwortlich dürften hierfür enttäuschend Verkäufe des neuen IPhone X sein, dessen interessantestes Feature die Gesichtserkennungssensoren von ams sind. Der einzige Grund, wieso die Verluste hier nicht noch höher ausfielen, war die Zuversicht des Managements, dass sich die Situation spätestens ab nächstem Jahr deutlich verbessern sollte, da die neuen Sensoren der Firma dann nicht nur in Apple-Produkten verbaut werden sollen, sondern auch in Android-Geräten. Nun könnte man natürlich hinterfragen, ob das wirklich so eine gute Idee ist, nachdem Apple damit so einen Bauchfleck hingelegt hat, aber das ist wohl ein Thema für ein anderes Mal…

Dass jedoch Technologie nicht gleich Technologie ist, zeigte sich diese Woche auch recht deutlich. Während Firmen, die Smartphone-Teile produzierten eigentlich durch die Bank enttäuschten, lieferten Firmen, die eher im Bereich Datenzentren/PC sind, durchaus gute Ergebnisse. So konnten Intel und Microsoft überzeugen, die mit Abstand besten Ergebnisse lieferte jedoch wahrscheinlich Amazon. Es mag zwar im ersten Moment etwas seltsam erscheinen, eine Firma, die uns allen als Onlinehändler bekannt ist (und dadurch so manch anderes Unternehmen an den Rande des Konkurses getrieben hat) in dieselbe Kategorie wie Microsoft und Intel zu stecken. In der Tat verdiente Amazon jedoch im abgelaufenen Quartal einen Großteil seines Gewinns (knapp 1,4Mrd. von 1,9 Mrd. Euro Quartalsgewinn) mit Amazon Webservices. Vereinfacht gesagt bietet Amazon dabei seine Datenzentren an Firmen und Entwickler an. Diese nutzen die doch erhebliche Rechenleistung (und Expertise) von Amazon für Anwendungen in den Bereichen Artificial Intelligence, Cloud Computing etc. Die Firma hat die Finger also in vielen Honigtöpfen, da hilft auch der eine oder andere böswillige, präsidentielle Tweet nichts. Außer natürlich den Investoren, die sich etwas günstiger in die Aktie einkaufen möchten…

Mit Facebook zählte eine weitere Firma, die sich zuletzt in Kreuzfeuer einiger Kritik fand, diese Woche zu den Gewinnern. Vor allem der Zuwachs an Usern in Nordamerika wurde positiv aufgenommen, da hier nach dem jüngsten Datenskandal die Angst vor einem „Exodus“ herrschte. Aber nicht immer deckt sich die Börsenreaktion mit der Ergebnisqualität. Ein schönes Beispiel hierfür lieferte der Maschinenriese Caterpillar ab. Die Firma berichtete wahrscheinlich eines der besten Quartalsergebnisse in ihrer Unternehmensgeschichte: In allen Bereichen (Minen-Equipment, Baumaschinen und Öl & Gas) konnten deutliche Zuwächse verzeichnet werden. Die Ergebnisse lagen dementsprechend massiv über den Analystenerwartungen und auch der Ausblick für den Rest des Jahres wurde angehoben.

Damit dürften wohl auch die Sorgen einiger Marktteilnehmer, dass sich der Aufschwung einem Ende zuneigt, vorerst ad acta gelegt worden sein. Während des Conference Calls deutete die Firma jedoch an, dass sie aufgrund der starken Nachfrage mehr investieren muss, was auf den Gewinn drücken sollte. Der Satz: „The outlook assumes that first quarter adjusted profit per share will be the high-water mark for the year“ führte zu einer Kehrtwende im Aktienkurs: von +5% auf -10% innerhalb weniger Stunden. Dabei gingen knapp 14Mrd. US-Dollar an Marktwert verloren, was diesen Satz wohl zu einem der teuersten in diesem Jahr machen könnte…

Trotz dieser teilweise heftigen (und oftmals übertriebenen) Reaktionen bleibt nach der Woche ein positiver Eindruck. Bisher verläuft die Berichtsaison im Großen und Ganzen recht gut, die Wirtschaft brummt weiterhin, auch wenn natürlich noch so einiges Aufzuarbeiten ist. Bei allem Stress, den so eine Berichtsaison für die Analysten und Investoren bedeutet, erfüllt sie doch eine wichtige Funktion. Oftmals geht durch das konstante Bombardement mit Nachrichten, Meinungen und „Analysen“ der Fokus für den eigentlichen Kurstreiber verloren. Am Ende des Tages geht es nicht um Kongressanhörungen, Boykottkampagnen oder schlechte Presse. Es geht nicht um Zinssätze, Einkaufsmanagerindizes und Tarife. Es geht im Endeffekt nur darum, ob die Firmen mehr verdienen können als wir derzeit annehmen. Wenn das der Fall ist, sollte sich die Aktie positiv entwickeln. So einfach kann es manchmal sein…

 

Relevante Links: AT&S Austria Technologie & Systemtechnik AG, ams-OSRAM AG, Caterpillar Inc., Meta Platforms Inc., Alphabet Inc., Alphabet Inc., Amazon.com Inc., PORR AG, Apple Inc., Dialog Semiconductor Plc