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Banken drohen London mit Abzug

HSBC Holdings, Europas grösste Bank, sowie Konkurrenten wie Barclays und Standard Chartered könnten schon bald dazu gezwungen sein, ihre Konzernzentralen von Grossbritannien ins Ausland zu verlagern. Zu dieser Einschätzung ist HSBC-Chairman Stuart Gulliver in einer Rede bei einer Konferenz in London gekommen. Er verweist auf Überlegungen der Regierung in London, die Banken aufzuspalten.

Die Independent Banking Commission war von der Regierung damit beauftragt worden, eine Trennung von Privatkunden- und Wertpapiergeschäft zu untersuchen. Bis September des kommenden Jahres soll das Gremium einen Bericht dazu vorlegen. Geführt wird der Ausschuss von John Vickers, dem früheren Chef-Volkswirt der Bank of England. Unterm Strich hat die Entscheidung der Kommission "einen signifikanten Einfluss darauf, wo wir unsere Konzernzentrale unterhalten. Und das ist wahrscheinlich bei den anderen beiden Institutionen genauso", sagte Gulliver mit Bezug auf Barclays und Standard Chartered. Im Februar diesen Jahres hatte bereits Michael Geoghegan, der Vorstandschef von HSBC, sein Büro von London nach Hongkong verlagert. Offiziell begründet wurde dies mit der Fokussierung der Bank auf Schwellenmärkte. Damals wurde bereits spekuliert, Standard Chartered werde folgen.

"Ich möchte es aber ganz deutlich sagen: Unsere Präferenz ist es, die Konzernzentrale weiterhin in Grossbritannien zu haben", sagte Gulliver. "Hoffentlich gibt es keine Schlussfolgerungen (der Kommission), jene Banken, die kein Geld von irgendeiner Regierung in Anspruch genommen haben, dazu zu veranlassen, ihre Zentralen zu verlagern. Es wäre wirklich sehr, sehr schade, falls es tatsächlich dazu kommen sollte." Gulliver forderte darüber hinaus mehr Klarheit über das künftige regulatorische Umfeld für die Banken. Das sei eine Voraussetzung für eine Anhebung der Dividende. "Wir brauchen mehr Hinweise, was das regulatorische Umfeld schliesslich von uns verlangen wird", sagte Gulliver. "Wir sehen uns gezwungen, konservativ mit unserem Kapital umzugehen - bis wir mehr Klarheit haben."

Derzeit warten Banken europaweit auf die Details zu den neuen Kapitalanforderungen, auch bekannt als Basel III. Die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht vorangetriebenen Reformen dürften die europäischen Banken etwa 149 Mrd. Euro kosten, erklärte Analyst Daniel Davies von der Credit Suisse Group AG Anfang dieser Woche. Hinter diesen Kosten würden unter anderem höhere Eigenkapitalanforderungen und der Verlust von potenziellen Gewinnen stehen. Zuvor war die Credit Suisse, die Nummer zwei der Branche in der Schweiz, sogar von Kosten in Höhe von 244 Mrd. Euro ausgegangen. Der Grund für die Herabsetzung der Prognose liegt nach Angaben von Davies in der möglichen Aufwertung von Aktiva in den Bankbilanzen.