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Haas: Zahlensalat

„Take care of your losers, your ­winners will take care of ­themselves.”

Zwei Themen dominierten diese Woche die Wirtschaftsnachrichten: das jährliche Treffen der „Schönen und Reichen“ in Davos, sowie die US-Berichtssaison. Ersteres sorgte zwar vor allem im Währungsbereich für kurzfristige Volatilitäten, da jede Äußerung eines US-Regierungsmitglieds momentan in ihre Einzelteile zerlegt wird um die nächsten politischen Maßnahmen zu antizipieren. Aufgrund der doch recht „spontanen“ (und teilweise nicht wirklich koordiniert wirkenden) Vorgehensweise der amerikanischen Regierung in so manchen Belangen können wir das wohl vorerst mal beiseiteschieben und uns dem wesentlich spannenderen Thema widmen: Wie geht es den Unternehmen?

Nach der ersten Bestandaufnahme sieht es hier ganz gut aus. Im Großen und Ganzen bestätigen die Firmen das positive Bild, welches die Investoren bereits im Vorfeld erhofften. Dabei zog sich die Stärke durch fast alle Branchen und Wirtschaftsbereiche: Von Baumaschinen (Caterpillar) über Entertainment (Netflix), vom Ölsektor (Schlumberger, Halliburton) über Luftfahrt und Verteidigung (United Technologies), selten konnten so viele Firmen in unterschiedlichen Branchen durch einen optimistischen Ausblick überzeugen. Wie so oft bekommen wir damit sozusagen im Nachhinein die Bestätigung für die gestiegenen Aktienkurse.

Das dürfte auch der Grund sein, wieso sich bei manchen Firmen die Jubelschreie an der Börse in Grenzen hielten. Caterpillar ist hierfür ein schönes Beispiel: Der Hersteller von Baumaschinen und Mining Equipment konnte Zahlen vorlegen, die deutlich über den Schätzungen der Analysten lagen, die Aktie mühte sich nach der Veröffentlichung jedoch ab, um über die Nulllinie zu kommen. In einem breiteren Kontext wundert das auch nicht, denn immerhin konnte die Aktie im Vorjahr um über 70% zulegen und auch bereits 2018 stand ein Plus von knapp 7% zu Buche. Dementsprechend war es wohl beinahe unmöglich hier nochmal eins drauf zu legen, egal wie gut die Ergebnisse auch sein mögen. Wie üblich gibt es aber auch von dieser „Börsenregel“ immer wieder Ausnahmen: die Aktie des Video-Streaming Anbieter Netflix ließ sich auch von der starken Performance der letzten Monate nicht aufhalten und schoss nach phänomenalen Zahlen auf ein neues Rekordhoch.

Dass es aber auch anders gehen kann und ein einzelner Unternehmensbericht eine ganze Branche mit nach unten ziehen kann zeigte sich diese Woche jedoch auch gleich in zwei gänzlich unterschiedlichen Bereichen. Der erste dürfte wohl die meisten Investoren in Europa nur sehr peripher tangieren (außer sie wollen als Urlauber in die USA): US-Fluglinien. Nachdem die Branche jahrelang von erbitterten Preiskämpfen geprägt und damit bis auf wenige Ausnahmen praktisch uninvestierbar war, kamen die Unternehmen in den letzten Jahren zu einer Einsicht: Vielleicht ist es ja doch keine gute Idee, ständig die Flugzeugflotte aufzustocken um die Konkurrenten mit Billigangeboten aus dem Markt zu drängen. Dazu kamen dann auch noch Lieferstaus bei den Flugzeugen selbst (die Wartezeit auf eine neue Boeing oder Airbusmaschine beträgt in der Regel über 7 Jahre ab Bestellungsdatum!) sowie eine heftige Marktkonsolidierung und schon wird aus einem heftig umkämpften Markt ein fröhliches, profitables Oligopol. Vor diesem Hintergrund freut es die Investoren natürlich nicht, wenn mit United Continental die größte Fluglinie wieder über Kapazitätserweiterungen spricht…

Zu große Kapazitäten könnte es auch im zweiten Bereich geben, der einen „Untersektor“ des Techsektors darstellt: Apple und seine Zulieferer. Wie bei so vielen iPhone-Generationen davor gibt es auch diesmal wieder „Umfragen“, „Gerüchte“, „Insiderinfos“ etc., die behaupten, dass die neuen Apple-Produkte von den Konsumenten nicht wirklich enthusiastisch aufgenommen werden. Befeuert wurde dies in dieser Woche durch schwache Zahlen von einigen asiatischen Komponentenzulieferern und angeblich enttäuschenden Ergebnissen eines der größten Chipherstellers der Welt, Texas Instruments. Vor allem beim Ausblick hätten sich die Investoren hier mehr erwartet. Ignorieren wir mal die Tatsache, dass die Firma grundsätzlich fast immer eine konservative Guidance gibt und dass es diese Gerüchte bei jeder iPhone-Generation gibt. Viele Apple-Zulieferer konnten im letzten Jahr deutlich Kursgewinne aufweisen (die in der Schweiz notierte ams aus dem steirischen Unterpremstätten konnte sich mehr als verdreifachen!). Dementsprechend anfällig sind diese Firmen nun für Enttäuschungen und schwächere Ausblicke, auch wenn diese vielleicht nur einige wenige Quartale betreffen und die Firmen langfristig trotzdem deutlich wachsen dürften.

Die Moral dieser kleinen Anekdote ist jedoch nicht unbedingt, dass man die Finger von den US-Fluglinien lassen sollte (auch wenn das vielleicht an sich keine schlechte Idee ist) oder dass es bei den Apple-Zulieferern schnell auch mal in die andere Richtung gehen kann. Vielmehr geht es darum zu zeigen, dass es wichtig ist zu wissen, was den eigentlich genau das Negativszenario für die jeweilige Firma ist (abseits der üblichen Verdächtigen wie Naturkatastrophen, politischer Einflussnahme etc.). Denn nur dann kann man im Falle einer schlechten Nachricht entscheiden, wie man weiter vorgeht. Wie eine alte Börsenweisheit besagt: „Take care of your losers, your winners will take care of themselves“.

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