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Gold bleibt aussichtsreich (Thomas Buckard)

So unterschiedlich Anleger zu Gold stehen, so widersprüchlich ist seine Performance. Auf Sicht von drei Jahren hat sich der Preis in US-Dollar gerade einmal seitwärts entwickelt. Dennoch notiert das Edelmetall auf Rekordniveau.

Dass Gold trotz all der Krisen nicht deutlich höher notiert, hat einen einfachen Grund: Es gibt wieder Zinsen. Angesichts von rund vier Prozent Rendite, die amerikanische Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit bieten, sieht das Edelmetall, das weder Zinsen noch Dividenden abwirft, gewissermaßen alt aus. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn entscheidend sind nicht die nominellen, sondern die realen Zinsen. Und da zeigt sich schon ein etwas anderes Bild. Nach Abzug der Inflation, die zuletzt in den USA auf drei Prozent gefallen ist, werfen zehnjährige US-Treasuries gerade einmal noch ein Prozent Zinsen ab. In Europa bewegen sich die Realzinsen sogar noch weiterhin im tiefroten Bereich.

Für den Goldpreis sind verschiedene Anlagergruppen verantwortlich, die zum Teil recht unterschiedlich motiviert sind. Bei Investoren, die Anlagegold, also physische Barren und Münzen, halten oder kaufen, steht die Sicherheit im Vordergrund. Schon vor mehreren Tausend Jahren haben sich die Menschen darauf geeinigt, dass das knappe Gold wertvoll ist. An seiner Rolle als Wertspeicher gerade in Krisenzeiten hat sich bis heute nichts geändert.

Angesichts des Krieges in der Ukraine erstaunt es, dass in Deutschland im zweiten Quartal die Nachfrage nach Anlagegold regelrecht eingebrochen ist. Hier steht in Jahresvergleich ein Minus von fast 80 Prozent zu Buche. Das World Gold Council macht dafür unter anderem die schwache Konjunktur verantwortlich. Zum anderen haben die Deutschen in den Quartalen zuvor reichlich Barren und Münzen gekauft.

Nachfrage nach Anlagegold gestiegen.

Obwohl die Deutschen bei Anlagegold eine wichtige Rolle spielen, ist die weltweite Nachfrage insgesamt um sieben Prozent gestiegen. Vor allem türkische Anleger haben umfangreiche Käufe getätigt und den deutschen Rückgang fast exakt kompensiert. Die Notenbanken standen dagegen zuletzt unterm Strich auf der Verkäuferseite. Ihre Nachfrage gab im zweiten Quartal um 35 Prozent nach. Auch hier spielt die Türkei eine zentrale Rolle. Die dortige Zentralbank hat in Q2 große Mengen Gold gegen Dollar getauscht und damit Lira gekauft. Die Stützung der türkischen Währung stand offenbar mit der im Mai stattgefundenen Präsidentschaftswahlen im Zusammenhang.

Einen Rückgang gab es auch bei der Nachfrage der Industrie. Sie ging im zweiten Quartal um rund zehn Prozent zurück. Allerdings gehen nur etwa sieben Prozent der weltweit geförderten Menge des Edelmetalls in die Produktion vor allem technischer Geräte. Das erklärt wohl auch die Abneigung von Warren Buffett gegenüber dem Edelmetall, über das er einmal sagte: „Gold wird aus dem Boden in Afrika oder irgendwo sonst in der Welt ausgegraben. Dann schmelzen wir es ein, graben ein anderes Loch, verstecken das Gold wieder darin und bezahlen dann Menschen, um darum herumzustehen und es zu bewachen.“

Die Nachfrage aus der Schmuckindustrie stieg von April bis Juni leicht um drei Prozent, so das World Gold Council. Während sie in Indien leicht zurückging, zog sie in China kräftig an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Gold in diesen Ländern weniger als originärer Schmuck, sondern vielmehr als Wertanlage gilt. Die Kosten der Produktion eines goldenen Armreifes entsprechen in etwa denen einer Prägung eines Barrens. Bei mit Gold unterlegten ETFs gab es dagegen zuletzt moderate Abflüsse. Im Gegensatz zu den Deutschen, die Gold überwiegend als Wertspeicher und Versicherungsschutz verstehen, betrachten vor allem Amerikaner das Edelmetall primär als ganz normale Assetklasse wie Anleihen oder Aktien. Vor diesem Hintergrund sind sie auch sehr viel schneller bereit, sich von ihren Beständen zu trennen, wenn sie bei anderen Investments höhere Renditen erwarten.

Positive Aussichten für Gold.

Bekannterweise ist an den Finanzmärkten weniger der Blick in den Rückspiegel entscheidend als vielmehr die vorausschauende Betrachtung. Die Zinsen werden nach dem konjunkturellen Abschwung nicht auf dem jetzigen Niveau bleiben, sondern vielleicht im nächsten Jahr schon wieder deutlicher sinken. Das spricht dann wieder mehr für Sachwerte wie Gold.

Damit könnte das Edelmetall wieder an seine historische Performance anknüpfen. Im Jahr 2004 lag der Goldpreis bei knapp über 300 Euro, heute sind es fast 1800 Euro. Das bedeutet einen Zugewinn von 600 Prozent in 19 Jahren oder mehr als neun Prozent per annum – trotz oder gerade wegen 9/11, Subprimekrise, Corona, Technologiehausse etc. Das lässt sich durchaus - auch im Vergleich zur Aktienanlage - sehen. Insofern ist und bleibt Gold ein strategischer Allokationsbaustein.

Für Anleger in Deutschland gibt es noch ein Sahnehäubchen obendrauf. Nach einem Jahr Haltefrist sind die Wertzuwächse beim physischen Gold für die Anleger steuerfrei. Das gilt analog für Xetra-Gold. Bei dieser zu 100 Prozent mit Gold unterlegten Anleihe entspricht der Kurs dem Preis von einem Gramm Gold in Euro. Dieses Steuer-Privileg gibt es sonst nur für Oldtimer oder Immobilien - hier allerdings müssen es dann zehn Jahre sein.

Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Meinungen und Anlagestrategien finden Sie auf www.v-check.de.

 

 Aus dem Börse Express PDF vom 22.08.2023 

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