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Nicolas Kneip: Henkel trocken? Oder doch Agrana trocken?

Am Montag gab das Unternehmen bekannt, dass man im Geschäftsjahr 2018 einen Erlösrückgang verbuchen musste und der Gewinn je Aktie für 2019 um bis zu 12% geringer ausfallen wird als von den Analysten erwartet, woraufhin der Aktienkurs rund 10% einbüßte. Verantwortlich hierfür sind vor allem das schwache Geschäft mit Kosmetika, rund um die Haarpflegemarke Schwarzkopf, sowie ein starker Gegenwind durch Währungsschwankungen und Rohstoffkosten. Konzernchef Hans Van Bylen kündigte daraufhin an, man wolle nun rund 300 Mio. Euro pro Jahr in Marken, Technologien, Innovationen und Digitalisierung investieren, um die Wachstumschancen auszuschöpfen. Dies wiederum hat zur Folge, dass die EBIT-Marge im laufenden Geschäftsjahr das erste Mal seit 2009 sinken wird, was bei Investoren naturgemäß keine freudigen Reaktionen auslöste. Nachdem die vorläufigen Zahlen für 2018 eine EBIT-Marge von 17,6% ausweisen, soll diese im Jahr 2019 zwischen 16% und 17% liegen. Trotz der deutlich erhöhten Investitionen rechnet man bei Henkel mit keiner Beschleunigung des Umsatzwachstums. Wie bereits 2016 kommuniziert wurde, erwartete man weiterhin ein jährliches Plus von 2-4 Prozent.

Die Henkel-Aktie musste ab der zweiten Jahreshälfte 2017 nach mehreren anhaltenden Erfolgsjahren die ersten Rückschläge hinnehmen. Seit 2009 kannte man in Düsseldorf die Wörter Rückgang und Abschwächung nur aus Erzählungen. Während man im März 2009 noch bei einem Aktienkurs von rund 19 Euro stand, steigerte man sich kontinuierlich bis auf 129 Euro im Juni 2017. Insbesondere in den Jahren 2015-2017 galoppierte der Aktienpreis den Fundamentaldaten etwas davon, was in einem 1Jahr-forward-KGV von über 20 ersichtlich war. Danach ging der Kurs bis heute um ganze 35% zurück und liegt aktuell bei rund 84 Euro, was einem 1Jahr-forward-KGV von rund 14 entspricht. Damit liegt man deutlich unter dem 8-jährigen Durchschnitt von 17,5. Im 5-Jahreszeitraum wurde, aufgrund des Kursrückgangs seit Mitte des Jahres 2017, ein eher überschaubarer Gesamtertrag (inkl. Dividenden) von rund 9% für die Investoren erwirtschaftet. Wie einige Beobachter konstatieren, bekommt Henkel nun die Quittung für einen zu ambitionierten Sparkurs in den vergangenen Jahren präsentiert. Durch die Fokussierung auf die kurzfristige Steigerung der Margen wurden hierbei möglicherweise zu radikal Kosten eingespart und notwendige Zukunftsinvestitionen in die Modernisierung und Entwicklung unterlassen. Um der negativen Entwicklung der Aktie der letzten Monate Einhalt zu gebieten und die Investoren bei Laune zu halten plant CEO Van Bylen für 2019 eine Erhöhung des Zielkorridors der Ausschüttungsquote von 25-35% auf 30-40 Prozent.

Zu den wichtigsten und namhaftesten Konkurrenten von Henkel zählen unter anderem Procter & Gamble (USA), Johnson & Johnson (USA), Beiersdorf (Deutschland), Unilever (Niederlande), sowie Reckitt Benckiser (Großbritannien). Im Performancevergleich über 5 Jahre schneiden ausnahmslos alle Konkurrenten deutlich stärker ab: Procter & Gamble (+40%), Johnson & Johnson (+61%), Beiersdorf (+18%); Unilever (+91%); Reckitt Benckiser (+37%). In diesem Vergleich sticht besonders Unilever positiv hervor. Das niederländische Traditionsunternehmen zeigte 2018 einmal mehr eindrucksvoll sein antizyklisches Verhalten. Während die europäischen Aktienmärkte deutlich ins Minus rutschten hielt sich Unilever stabil. Auch die innerdeutsche Konkurrenz von Beiersdorf hat derzeit mehr Grund zur Freude. Während man bei Henkel im vergangenen Geschäftsjahr ein Umsatzwachstum am unteren Ende der Guidance-Spanne erreichte (2,4%), konnte Beiersdorf ein organisches Plus von mehr als 5% verzeichnen. Dies obwohl man mit denselben herausfordernden Marktgegebenheiten konfrontiert war. Im Hinblick auf das 1Jahr-forward-KGV erscheint Henkel nach den jüngsten Entwicklungen billiger als seine Mitbewerber. Diese weisen allesamt Werte zwischen 17 (Reckitt Benckiser) und 25 (Beiersdorf) aus.

Wie den Meisten von Ihnen bekannt sein wird, hat Österreich in Bezug auf aktiennotierte Konsumgüterproduzenten nicht viel mitzureden. Eines dieser rar gesäten Beispiele ist das Unternehmen Agrana, welches Fruchtzubereitungen und Fruchtsaftkonzentrate, Stärke und Bioethanol sowie Zucker erzeugt. Dies wird größtenteils für die weiterverarbeitende Industrie produziert, jedoch auch zu einem geringen Teil direkt für Konsumenten (Wiener Zucker). Das Wiener Unternehmen berichtete vor rund zwei Wochen seine Zahlen zum Q3-18/19 und musste einmal mehr schwache Ergebnisse präsentieren. Sowohl beim Umsatz, als auch beim Gewinn muss man derzeit deutliche Rückgänge verschmerzen. Insbesondere die niedrigen Verkaufspreise von Zucker und Stärke wirkten sich deutlich negativ aus. Innerhalb der vergangenen 5 Jahre erzielte das Unternehmen einen Gesamtertrag von -3%. Insbesondere die Aktienkursentwicklung seit Juli 2017 war für Investoren alles andere als erfreulich (-39%). Die Liberalisierung des Zuckermarktes in der EU im Oktober 2017 führte zu einem Verfall der Zuckerpreise, die sich seitdem nicht mehr erholen konnten. Zudem musste man aufgrund der langen Hitzeperioden im Sommer 2018 auf einen spürbaren Teil der Zuckerrübenernte verzichten. Also in diesem Fall nicht Henkel trocken, sondern Agrana trocken!

Relevante Links: AGRANA Beteiligungs AG, Henkel AG & Co. KGaA, Beiersdorf AG, Procter & Gamble Company