Der Hälfte des Asset-Management-Markts droht der Kollaps
Von der Milliardenmaschine zum Problemfall: Bis 2022 muss sich die Asset-Management-Branche auf einen deutlichen Profitabilitätsverlust einstellen. Das weltweit verwaltete Vermögen wächst langsamer, die Kosten steigen - und in der Folge schrumpfen die Gewinne (Abb. 1). Zwischen 2018 und 2022 wird der Ertrag pro verwaltetem Euro Vermögen jedes Jahr im Schnitt um 7 Prozent fallen. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Studie "After the Easy Money Boom, Stark Choices for Asset Managers" der internationalen Managementberatung Bain & Company.
"Die Vermögensverwalter haben lange Zeit vom Boom des billigen Geldes und vom Wohlstandswachstum in den aufstrebenden Volkswirtschaften profitiert", stellt Matthias Memminger, Bain-Partner und Co-Autor der Studie, fest. "Doch der Asset-Management-Markt steht vor enormen Veränderungen. Nicht alle Anbieter werden überleben. Und diejenigen, die es schaffen, werden hart arbeiten müssen, um weiterhin profitabel zu sein."
Nach Bain-Analysen unterschätzen viele Vermögensverwalter, wie stark staatliche Regulierung und der Technologiewandel ihr Geschäftsmodell gefährden. Gleiches gilt für das Verhalten der Anleger, das sich fundamental wandelt. Diese vergleichen zunehmend Produkte, Preise sowie Services der Anbieter und entscheiden sich immer seltener für aktiv gemanagte Formen der Geldanlage.
Top-Performer erobern den Markt
Dieser Marktdruck trifft vor allem die weniger erfolgreichen Vermögensverwalter. Der Bain-Studie zufolge wird die Ertragskluft zwischen den zehn stärksten und den zehn schwächsten Asset-Management-Playern immer größer. So steigern die Top-Performer ihren Vorsprung bei den Gewinnen bis 2022 auf 13 Basispunkte. Im Jahr 2013 waren es gerade mal 4 Basispunkte. Bei einem verwalteten Vermögen von 300 Milliarden Euro macht dies beim Profit einen Unterschied von gut 400 Millionen Euro pro Jahr aus.
Dieses Szenario gilt insbesondere für die Anbieter austauschbarer Standardservices, erklärt Mike Kühnel, Bain-Partner und Co-Autor der Studie: "Vielen kleinen und mittelgroßen Vermögensverwaltern ohne wirkliche Alleinstellungsmerkmale droht das Aus. Und diese Firmen stehen für mehr als 50 Prozent des weltweiten Marktvolumens."
Um diesem "Tal des Todes" zu entkommen, müssen sich die Unternehmen den Marktveränderungen stellen. "Es gilt, sich vom Wettbewerb abzuheben, das Geschäftsmodell zu überarbeiten und festzulegen, welche Zukunftsstrategie für das eigene Unternehmen die Richtige
ist", so Kühnel.
Drei Modelllösungen für einen zukünftigen Champion
Unterschiedliche Firmengrößen und Geschäftsmodelle verlangen
spezifische Lösungen. Asset-Management-Konzerne, die Kundengelder
passiv verwalten, benötigen eine andere Strategie als Anbieter
aktiver Fonds oder spezialisierte Nischenspieler. Die Bain-Studie
zeigt die Schlüsselkomponenten der verschiedenen Strategien auf, mit
denen Vermögensverwalter zum Champion werden können:
1. Passive Skalenspieler. Der Siegeszug der Exchange Traded Funds
(ETFs) und sonstiger passiver Fonds spült viel Anlagekapital in die
Kassen dieser Vermögensverwalter. Erfolgreiche Unternehmen wie
Blackrock oder Vanguard schaffen es, ihre Kosten auf eine breite
passive Assetbasis zu verteilen, was hohe Profitabilität bedeuten
kann. Die Zukunftsstrategie mittelgroßer Anbieter könnte sein,
offensiv ihr Geschäftsvolumen zu vergrößern - auch durch Fusionen
oder Überkreuzbeteiligungen. In Europa und Asien ist zudem noch Platz
für regionale Champions.
2. Aktive Skalenspieler. Zahlreiche Kunden setzen auf das Know-how
der Anlagespezialisten großer Fondsgesellschaften von Banken und
Versicherungen wie beispielsweise Amundi oder auf unabhängige
Asset-Manager wie Fidelity. Auch hier sind Fusionen ein
vielversprechendes Mittel, um zu wachsen, Kosten zu reduzieren und
die eigene Expertise zu erweitern. Bereiche, die nicht zum
Kerngeschäft gehören oder margenschwach sind, können hingegen
ausgelagert werden.
3. Hoch spezialisierte Nischenanbieter. Kunden sind bereit, für
gewinnträchtige Spezialstrategien höhere Erfolgsgebühren zu bezahlen.
Als besonders Erfolg versprechend erweisen sich Themenfonds für
Mobilität und umweltfreundliche Technologien, Investitionen in
Bereiche mit sozialer Verantwortung sowie Infrastruktur und
Immobilien. Beispiele hierfür sind die Schweizer RobecoSAM, Nordea
Asset Management aus Schweden und verschiedene
Stiftungsfondsanbieter.
Ganz gleich, ob ein Vermögensverwalter eine Volumen- oder eine
Nischenstrategie verfolgt: Er sollte vor jeder Entscheidung acht
Kernfaktoren prüfen, die maßgeblich zum Erfolg beitragen und
Champions ausmachen. Dazu zählen Produktpalette, Ausweitung der
Wertschöpfungskette, Fusionen und Übernahmen, Technologie,
Geschäftsmodell, Mitarbeiter sowie Kunden und Vertrieb. Entsprechend
der aktuellen und zukünftig angestrebten Marktpositionierung sollten
die Asset-Manager in mindestens drei bis fünf dieser Bereiche
herausragende Fähigkeiten entwickeln.
"Das Ende des billigen Geldes naht", betont Bain-Partner Memminger.
Deshalb sollten Vermögensverwalter ihre Entscheidung für eine
Nischen- oder eine Skalenstrategie nicht auf die lange Bank schieben.
"Jetzt ist der Zeitpunkt festzulegen, welche Geschäftsbereiche
gestärkt und welche aufgegeben werden können", so Memminger weiter.
"Wer hier den richtigen Weg einschlägt, wird vom wachsenden globalen
Asset-Management-Markt nachhaltig profitieren können."