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Europäische Chemie- und ­Industriegase-Unternehmen profitieren von Chinas Fokus auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit

Mit der sogenannten „Supply-Side Reform“ adressiert die chinesische Zentralregierung unter anderem die Überkapazitätsproblematik der rohstoffverarbeitenden Industrie sowie die hieraus resultierende Luftverschmutzung. Bereits seit 2011 gibt es in China strenge Umweltauflagen für Industrieunternehmen, die meist deutschen Standards entsprechen. Bisher wurden diese aber oftmals nicht eingehalten bzw. nicht konsequent durchgesetzt. Zu wichtig waren den Provinzregierungen die hohen Steuereinnahmen, welche die Unternehmen für die jeweilige Provinz erwirtschaften. Es gab zwar Kontrollen, aber meist wurden die von Vertretern der Lokalregierungen durchgeführt. Nach einer kurzen Produktionsunterbrechung konnten die meisten Unternehmen ihre Anlagen in der Regel wieder hochfahren. Seit dem zweiten Halbjahr 2017 hat sich das massiv geändert.

Die Problematik der Überkapazitäten wird nun von der chinesischen Zentralregierung mit bisher nicht gekannter „Härte“ angegangen. Die chinesischen Stahl- und Aluminiumproduzenten sowie die Kohle- und die Chemieindustrie werden rigoros auf die Einhaltung der Umweltauflagen überprüft. Im ganzen Land werden verstärkt Inspektionen durchgeführt, wobei die Inspektoren direkt der Zentralregierung unterstellt sind und oftmals unmittelbar an Xi Jinping berichten. Häufig haben sie einen höheren Rang als die Lokalpolitiker, deren Provinzen von den Schließungen betroffen sind. Erfüllt ein Unternehmen die Auflagen nicht, muss es die Produktion einstellen.

Als eine weitere Maßnahme zur Verbesserung der Luftqualität treibt China neben der Schließung von ineffizienten Industriekapazitäten das Thema Elektromobilität voran, mit gravierenden und immer noch unterschätzten Auswirkungen auf den Automobilsektor und andere Sektoren. Als Profiteure der aktuellen Entwicklung könnten sich mittel- bis längerfristig die deutschen bzw. westlichen Chemiekonzerne, die in China aktiv sind, herausstellen. Innerhalb der chemischen Industrie sind von den Schließungen vor allem lokale Produzenten und nicht die großen, etablierten westlichen Player betroffen. Im Chemiepark Nanjing zum Beispiel, in dem auch der deutsche Chemieriese BASF vertreten ist und dessen Output ungefähr der gesamten Chemieproduktion Belgiens entspricht, wurden mehr als 20 Werke geschlossen. Deutsche bzw. europäische Produzenten waren hiervon bislang nicht direkt betroffen. Allerdings fiel bei dem einen oder anderen im 4. Quartal 2017 die Rohstoffversorgung aus, da chinesische Zulieferer nicht mehr liefern konnten. So war auch die Versorgung von Anlagen mit Gas temporär unterbrochen, da es in China in den Wintermonaten aufgrund der Schließung zahlreicher Kohlekraftwerke einen Engpass bei „Natural-Gas“ gab und somit auf Gas basierende Chemiecracker temporär runterfahren mussten.

Erhöhte Profitabilität westlicher Chemiekonzerne und Industriegase-Unternehmen zu erwarten. Mittel- bis längerfristig sollte sich aber die Profitabilität der westlichen Chemiekonzerne in der Region China verbessern. Gründe hierfür sind zum einen eine bessere Kapazitätsauslastung aufgrund von Kapazitätsschließungen bei lokalen Wettbewerbern, weniger Preisdruck und ein stärkerer Fokus auf die Produktion höherwertiger Produkte. Effizienzsteigerungen bei chemischen Anlagen gehen generell einher mit vermehrtem Einsatz von Industriegasen. Das Umfeld für Industriegase-Unternehmen in China wird daher gut bleiben. Unternehmen wie Linde oder Air Liquide profitieren darüber hinaus aktuell auch von einer starken Nachfrage nach Gasen der nahrungsmittelverarbeitenden und der Elektroindustrie. Das aktuelle Wachstum mit der Elektronikindustrie fällt dabei stärker als erwartet aus. Hintergrund ist, dass der sogenannte „China Big Fund“ die nächsten acht bis zehn Jahre mehr als 100 Mrd. US-Dollar in den Ausbau der chinesischen Chip-Industrie stecken wird. Laut Air Liquide dürften die chinesischen Chip-Produzenten massiv aufholen und binnen zehn Jahren auch auf den Stand der Taiwanesen oder Südkoreaner kommen. Linde und Air Liquide wachsen aktuell aber am stärksten im Merchant/Zylinder-Bereich. Dieser Markt ist zu 90 Prozent in der Hand von lokalen Produzenten, von denen viele keine neue Lizenz mehr bekommen, da sie die Umweltstandards nicht erfüllen können. Globale Player können lokale Produzenten zu teils niedrigen Multiples übernehmen und gewinnen Marktanteile. Linde und Air Liquide generieren rund 20 Prozent ihres Umsatzes in Asia Pacific. China steht hier für mehr als 50 Prozent. In China sollte die nächsten Jahre ein Wachstum von mehr als zehn Prozent und eine weitere Margenverbesserung möglich sein.

Unser Fazit: DJE ist von der Nachhaltigkeit der chinesischen „Supply-Side Reform“ überzeugt und hat deshalb in ihren Fonds ausgewählte Unternehmen berücksichtigt, die von dieser Entwicklung profitieren.