, boerse-express

Renaissance der Lust ...

Zweikommanullzwei Milliarden Euro  - oder in Zahlen 2,02 Milliarden Euro - Gewinn: Der spanische Inditex-Konzern des 1936 in Busdongo (Provinz León) geborenen Milliardärs Amancio Ortega Gaona darf sich freuen. In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftjahres stieg der Gewinn des Unternehmens um ein Fünftel gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Beim Umsatz erzielte der in Arteixo, einem Vorort von A Coruña (Galicien), beheimatete Konkurrent des schwedischen H&M-Konzerns einen Zuwachs von 16 Prozent auf 14,7 Milliarden Euro. Eine Entwicklung, die auch im November anhielt. Dem Konzern kam dabei die Erholung im Heimatland zugute. In dem von der Eurokrise gebeutelten Land zog die Nachfrage - auch auf Grund der besseren Konjunktur (siehe  Schwerpunkt im be INVESTOR 51 vom 11. September 2015 „ ... wenn Spaniens Blüten blühen“ hier: http://bit.ly/1QsCJje) - zuletzt wieder an. Den Branchenexperten der Bank Barclays zufolge erreichten die Modeverkäufe im Oktober dort den höchsten Stand seit mindestens sechs Jahren. Inditex hat in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt rund 400 neue Geschäfte eröffnet, die sich über acht Marken verteilen.

Top-Performance. Eine Geschäftsentwicklung, die sich auch im Aktienkurs niedergeschlagen hat. Mit einem Plus von fast 40 Prozent zählt die Inditex-Aktie (Industria de Diseno Textil S.A. - so der volle Name) zu den Top-10 Performern im europäischen S&P Europe 350 Consumer Discretionary Sector Index, ein Index der die Performance der wichtigsten Aktien für langlebige Konsumgüter widerspiegelt. Noch besser liefen in Europa heuer die Aktie des finnischen Konzerns Nokian Renkaat bzw. jene des dänischen Unternehmens Pandora (siehe Tabelle unten). Während sich das erstere Unternehmen der Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Sommer- & Winterreifen für Autos, Fahrräder und Schwermaschinen widmet - ja auch diese Produkte zählen zu den langlebigen Konsumgütern - vermarktet Pandora vor allem handgefertigten, modernen Schmuck aus Sterlingsilber, Gold und Edelsteinen sowie Muranoglas. Der Schmuckkonzern kann dabei auf ähnliche bzw. sogar bessere Wachstumsraten verweisen wie die spanische Inditex.

Geht es nach den Analysten so wird Pandora das laufende Geschäftjahr mit einem Umsatzwachstum von mehr als 35 Prozent auf umgerechnet 2,17 Milliarden Euro abschließen. In den zurückliegden zwölf Monaten (bis zum 30. September 2015) haben die Dänen eine Umsatz von 2,01 Milliarden Euro eingefahren, der Gewinn stieg in diesem Zeitraum auf rund 444 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr 2015 erwarten die Analysten ein Gewinnplus von rund 30 Prozent auf rund 539 Millionen Euro. Vor diesem Hintergrund ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Pandora-Aktie auf der Kauf-Liste der Analysten ganz oben steht. Mit einem Rating von 4,59 bringt es der Titel - trotz der starken Performance im heurigen Jahr - auf das beste Rating unter den ausgewählten europäischen Konsumgüteraktien (siehe Tabelle 10 Tipps der Analysten auf der nächsten Seite).

Dafür, dass die Kassen der Dänen auch im heurigen Weihnachtsgeschäft wieder klingeln werden, spricht nicht zuletzt die gestiegene Einkaufslust der US-Bürger, wo der Konzern in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2015 immerhin 41,4% seines Umsatzes erzielte (im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es erst 31,8%). Rechtzeitig vor der vorweihnachtlichen Shopping Season ist der Consumer Sentiment Index der University of Michigan jedenfalls wieder angestiegn und liegt nur mehr wenige Punkte unterhalb jenes Wertes den er bereits im Juni erreicht hatte, damals der höchste Wert seit Ende 2007 (siehe Grafik 1).

Kauflust in Amerika steigt. Parallel zur Konsumentenstimmung steigt in den USA auch die Kauflust. So konstatiert Deloitte in der mittlerweile 30ten Ausgabe seines „Holiday Survey“, eine Art Einkaufsprognose für die US-Weihnachtssaison: „Consumer spending plans have rebounded to the highest levels since 2000“ (mehr dazu hier: http://bit.ly/1NfoOMA).

17 Milliarden Euro für Weihnachten. Doch nicht nur in den USA auch in Europa und hier vor allem in Deutschland fassen die Konsumenten wieder Zuversicht. Laut dem Deloitte Christmas Survey 2015, dem Pendant zum amerikanischen „Holiday Survey“, wollen die Deutschen heuer zu Weihnachten an die 17 Milliarden Euro für Geschenke und Essen ausgeben. Auf den Einzelnen heruntergebrochen bedeutet dies ein Plus von 2,5% bei den Geschenken und ein Zuwachs von 2,8% beim Essen. Lediglich bei den Feierlichkeiten - mit einem Anteil von rund 10% am gesamten weihnachtlichen Budget ohnehin der kleinste Posten -  wollen unsere Nachbarn heuer weniger ausgeben als im Vorjahr. Auch was die Zukunft betrifft sind die Deutschen wieder optimistisch: 62 Prozent rechnen damit, dass ihre Kaufkraft 2016 steigen wird, lediglich 30% gehen von einer fallenden Kaufkraft aus.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht weiter verwunderlich,  dass der europäische Index für langlebige Konsumgüter den breiten Markt gemessen in Form des Europe Stoxx 600 klar outperformt hat (+ 9,88% vs. 4,5% plus seit Jahresbeginn). Eine Entwicklung die schon in den vergangenen Jahren feststellbar war (siehe Chart 2). Auch in den USA haben die Aktien, die dem Bereich langlebige Konsumgüter (Consumer Discretionary) zugeordnet werden, den Gesamtmarkt in Form des S&P 500 geschlagen (siehe Grafik 4 unten). Einige Titel wie etwa jene des Internet-Abonnementdienstes für TV und Filme, Netflix, haben heuer mehr als 150 Prozent plus eingefahren. Eine Kursrally, die von den Analysten mittlerweile schon etwas skeptisch gesehen wird. Unter den Top-10-Empfehlungen für die USA findet sich Netflix nicht mehr. Sehr wohl in dieser Liste vorhanden ist aber Amazon.com mit einem Plus von mehr als 114% ebenfalls ein Highflyer im heurigen Jahr.

Auto-Aktien im Test voran. Empfehlungen hin, Bewertungen her: Bei unserem Börsetest, den wir an Hand von acht Kriterien durchgeführt haben (siehe Fußnoten in den jeweiligen Tabellen), fällt vor allem die Dominanz von Aktien aus der Auto-Industrie in den Top-Rängen auf (siehe Tabelle 3.1 bzw. 5.1) auf. Die Europa-Liste wird von der Daimler-Aktie angeführt, die bis März des heurigen Jahres bereits ein Plus von nahezu 40% eingefahren hat, dann aber - nicht zuletzt wohl auch auf Grund des VW-Skandals - wieder zurückgeholt wurde. Der tiefe Ölpreis und die konstant niedrigen Zinsen dürften den Auto-Aktien aber auch weiterhin in die Hände spielen.
In den USA mischen sich in den Top-Rängen unseres Tests Auto- mit klassischen Konsumgüteraktien. Angeführt wird das Ranking von Best Buy, einem Konzern mit zuletzt 40 Milliarden US-Dollar Umsatz. Best Buy verkauft unter anderem Unterhaltungselektronik, Home Office-Produkte und Ähnliches. Verkauft wird in Einzelhandelsgeschäften und im Web. Nicht zuletzt das US-Weihnachtsgeschäft wird für Best Buy entscheidend sein.

Spannend bis zum Schluss. Und dieses hat sich in den USA gewaltig gewandelt. Immer mehr Kunden wandern vom stationären Handel ins Internet und der einst so wichtige Black Friday (Freitag nach dem Erntedankfest), an dem traditionell der vorweihnachtliche Einkaufsmarathon in den USA startet, verliert an Bedeutung. Dazu kommt, dass die US-Konsumenten ihre Holiday Shopping Tour weit später durchführen als in früheren Jahren. Laut Deloitte planen 44% der US-Bürger ihre Einkäufe erst im Dezember/Jänner vorzunehmen, 2013 lag die Zahl der Späteinkäufer bei 37%. Für Aktionäre bleiben die nächsten Monate also spannend, wenngleich einiges dafürspricht, dass die Renaissance der Konsumgüteraktien noch nicht vorüber ist. Denn die (Einkaufs-)Lust der Konsumenten ist wieder zurückgekehrt.

Aus dem aktuellen be INVESTOR mit einem Schwerpunkt zu Konsumgüteraktien.

Dort finden Sie neben dem gesamten Text zahlreiche Grafiken zum US-Konsumentenvertrauen, zur Performance der Konsumgüteraktien in den USA und Europa vs dem Gesamtmarkt, sowie einen Test mit den wichtigsten Kennzahlen der europäischen und amerikanischen Konsumgüteraktien (langlebige Konsumgüter).

Den be INVESTOR gibt es nur im Abo.

Mehr zum be INVESTOR bzw. eine Bestellmöglichkeit für das Abo finden Sie hier: http://bit.ly/1fAzgCp