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Was des Deutschen seine Solarworld, ist des Österreichers Raiffeisen - mit gewissen Abstrichen. Und wo die Kapitalvermehrer zu Hause sind

Marc Tüngler, DSW-Hauptgeschäftsführer trat dieser Tage wieder einmal vor die Presse. Im Gepäck hatte er den DSW-Anlegerbarometer sowie die DSW-Watchlist. Ein Statement zum Anlegerbarometer: „Einige Jahre sah es ja fast so aus, dass wir – was die Zahl der Aktienanleger in Deutschland angeht – auf dem Weg nach oben seien. Doch nun schrumpft die Gruppe derjenigen, die ihr Geld direkt in Aktien oder Aktienfonds investieren, schon im zweiten Jahr in Folge. Das belegen Zahlen des Deutschen Aktieninstituts DAI. Danach trennten sich im Jahr 2014 rund 500.000 Anleger von Aktien oder Anteilen an Aktienfonds. Gerade einmal 8,4 Millionen Menschen (13,1 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahre) sind demnach noch am Aktienmarkt engagiert. Ich gehe davon aus, dass auch die Hausse der letzten Monate wieder weitgehend unter Ausschluss der deutschen Privatanleger stattgefunden hat. Dass durch die vorwiegend auf verzinsliche Produkte ausgerichtete Anlage vielen Deutschen Geld verloren geht, muss ich wohl ebenso wenig eigens erwähnen, wie die Tatsache, dass ein solches Anlageverhalten gerade mit dem Blick auf die Notwendigkeit des Aufbaus einer privaten Altersvorsorge schlicht katastrophal ist“, so Tüngler. Und weiter: „Leider teilt die Politik nach wie vor unsere Überzeugung nicht, dass es sich bei Aktienanlegern deshalb eigentlich um eine schützenswerte Spezies handelt, deren Vermehrung aktiv unterstützt werden sollte. Doch das Bild vom skrupellosen Spekulanten scheint in den Köpfen vieler deutscher Politiker derart verfestigt, dass es ihnen unmöglich ist, in der Geldanlage in Aktien mehr als angeblich unkalkulierbare Risiken zu sehen. Dabei gibt es keine einfachere Möglichkeit, die Bürgerinnen und Bürger am Erfolg der deutschen Wirtschaft zu beteiligen. Ob der Geschäftsführer des Österreichischen Aktienforums, Karl Fuchs, mit Blickrichtung auf die österreichische Politik viel anders agieren würde?

Doch nun zur Watchlist: „Lassen sie uns einen Blick auf die dunkle Seite der Aktienanlage werfen, die es – unbestritten – natürlich durchaus auch gibt“, heißt das bei Tüngler. Entwickelt wurde die Liste bereits in den 90iger Jahren. Anfangs war sie als Hilfestellung für die DSW-Hauptversammlungssprecherinnen und –sprecher gedacht. Es ging darum, schnell erkennen zu können, bei welchen Gesellschaften es insbesondere bei der langfristigen Kursentwicklung Probleme gab. 2001 entschlossen wir uns dann, die Watchlist zu veröffentlichen. Der erste Träger der roten Watchlist-Laterne hieß 2001 übrigens Stolberg Telecom. Das Unternehmen meldete 2002 Insolvenz an. Dividenden und Sonderzahlungen bleiben bei der Betrachtung, die ein reiner Kursvergleich ist, außen vor.
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Gleich auf den ersten Plätzen der 2014er-Watchlist finden sich einige bereits insolvente Unternehmen. Centrosolar gehört ebenso in diese Kategorie wie die Hansa Group, ein mittelständisches Chemieunternehmen, und der Fahrradhersteller MIFA.
Echte Nummer eins ist damit, wie schon im Vorjahr, die nur knapp der Insolvenz entronnene Bonner Solarworld. Das Unternehmen bescherte seinen Anteilseigner in allen drei betrachteten Zeiträumen mit minus 99,5 Prozent, minus 97,3 Prozent und minus 82 Prozent die schlechteste Performance aller nicht insolventen Unternehmen.

Der zweite Platz auf der Kapitalvernichterliste geht an Asian Bamboo, eine der Chinaaktien, von denen sich die Anteilseigner geradezu märchenhafte Gewinne versprachen. Die Zahlen zeigen, dass es dazu nicht gekommen ist. Im Fünf- und im Dreijahresbereich liegt die Gesellschaft mit minus 97,4 und 96 Prozent kaum besser als Solarworld. Im Einjahreszeitraum lag der Verlust für Asian-Bamboo-Aktionäre dann immerhin „nur“ noch bei knapp 52,8 Prozent.
Die beiden führenden AGs sind zugleich ein Sinnbild dafür, wie gefährlich es für Anleger werden kann, auf Trendthemen zu setzen. Neben dem Solarhype, der in den letzten Jahren etliche Investoren viel Geld kostete, und einige wenige reich gemacht hat, gehört sicher auch die zeitweise vorhandene Euphorie um alles was aus China kommt in diese Kategorie.
Auf Rang drei folgt mit der YOUNIQ ein Anbieter von Studentenwohnungen. Auch dieses Geschäftsmodell hat in den vergangenen fünf Jahren bei den Aktionären vor allem für Verluste gesorgt.

Dass auch Investitionen in große Gesellschaften mit vermeintlich erprobten und erfolgreichen Geschäftsmodellen nicht zwingend ein sicheres Investment sind, ist ebenfalls keine echte Neuigkeit mehr. Erstaunlich ist allerdings durchaus, dass selbst nach einem perfekten Börsenjahr 2013 und einem immerhin positiven Börsenjahr 2014 immer noch fünf DAX-Gesellschaften in der Watchlist zu finden sind.
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Neben der Commerzbank, den beiden Energieversorgern RWE und E.ON sowie K+S ist mit der Deutschen Bank ein Neueinsteiger dabei. Erfreulich: Die ThyssenKrupp hat es geschafft, sich wieder aus der Liste zu verabschieden.
In der aktuellen Watchlist liegt die Commerzbank auf Platz 32 nach Rang 9 im Vorjahr. RWE reiht sich auf Platz 35 ein, nach Rang 13 im vergangenen Jahr. Die K+S ist auf Platz 39 zu finden nach Platz 14 im Vorjahr. Zwei Plätze dahinter folgt „Neueinsteiger“ Deutsche Bank. E.ON reiht sich nach Rang 21 im Vorjahr nun auf der 43 ein.
Grundsätzlich sei noch betont, dass es nicht zwingend ein Verkaufssignal sein muss, wenn eine Gesellschaft auf der Liste auftaucht. Ein funktionierendes Geschäftsmodell vorausgesetzt, ist es manchmal sogar genau das Gegenteil. Aber es ist auf jeden Fall ein Warnsignal, das man als Aktionär ernst nehmen sollte. Womit wir das DSW-Modell auf den ATXPrime übertragen wollen - hier aber sogar Dividendenzahlungen einfließen lassen wollen.

1000 Minus-Punkte sind dabei das maximal Erreichbare. Die zu Beginn angesprochene Solarworld kommt etwa auf minus 963,32 Punkte - siehe http://goo.gl/VuROaP. Im Vergleich dazu, kommt der schlechteste Österreicher - wir haben uns auf den ATXPrime konzentriert, auf minus 527,55 Punkte - die Raiffeisen Bank International. Es folgen Warimpex und KapschTrafficCom - siehe Tabelle.

Die Watchlist im positiven Sinn gibt es nicht. Doch legen wir hier die gleichen Kriterien an, würde Do&Co meilenweit vor Polytec und dem Flughafen Wien führen. Dahinter liegen Österreichische Post, Rosenbauer, Andritz, CA Immo, Porr, AT&S sowie S Immo um die Top-10 zu nennen.

Aus dem Börse Express PDF vom 8. April. Dort mit allen Charts und Grafiken. Zum Abo geht es unter http://bit.ly/byCn49 - Abonnenten haben Zugriff auf das komplette PDF-Archiv.