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Haas: Schweizer Käse

Normalerweise haben Schweizer eher einen gelassenen, geradezu stoischen Ruf; mit einer der Gründe, wieso unsere westlichen Nachbarn als einer der wichtigsten „Safe Havens“ gesehen wird (neben dem strikten Bankgeheimnis und Tresoren die unter tausenden Meter hohen Bergen liegen). Dieses Image dürfte nach dieser Woche jedoch stark angekratzt sein. Die überraschende Entscheidung der Schweizer Notenbank, die bisherige Obergrenze für den EURCHF-Kurs von 1,20 fallen zu lassen, führte zu starken Verwerfungen an den Märkten: Der Schweizer Franken gewann sprungartig gegenüber allen großen Währungen an Wert, im Vergleich zum Euro pendelte er sich gegen Tagesende bei 1 ein (bei einem stärkeren CHF bekommt man weniger für jeden EUR, daher sinkt der EUR/CHF-Kurs).

Der Aktienmarkt unserer Nachbarn reagierte darauf mit Abschlägen von über 10%, was jedoch nur die halbe Wahrheit ist. Aufgrund des CHF-Anstiegs, von dem eurobasierte Investoren profitieren, gewannen die in Euro notierten Schweizer Großunternehmen stark, der Konsumriese Nestlé konnte in Frankfurt um über 7% zulegen.

Auch am heimischen Markt machte sich kurz Verunsicherung breit, vor allem die Bankaktien litten in einer ersten Reaktion, da einige Investoren fürchteten, dass die Ausfallsraten für Fremdwährungskredite steigen könnten (immerhin war die Kreditsumme gerade deutlich höher geworden!). Dies erwies sich jedoch nur als Strohfeuer, gerade die Erste Group, deren Kunden in Österreich und Ungarn verstärkt in CHF-Krediten engagiert waren, konnte sich erholen, nachdem sie einige Details zu ihren Engagements preisgaben. Die RBI konnte an diesem einen Tag sogar im Plus schließen, kurzfristig überwog die positive Nachricht, dass das polnische Geschäft bald an die Börse gebracht werden solle.

Vielleicht könnte dies ja ein Schritt sein, um die Giebelkreuzaktie aus dem Tal der Tränen zu holen, im Wochenverlauf steht nämlich ein Minus von über 8% zu Buche, aufgrund der üblichen Verdächtigen: niedrigere Ölpreise, fallender Rubel und die Angst vor Zahlungsausfällen. Der fallende Preis für „schwarzes Gold“ machte auch dem Ölfeldausrüster SBO zu schaffen, der trotz guter vorläufiger Ergebnisse um über 7% tiefer notierte im Wochenverlauf. Investoren befürchten hier für die Zukunft einen Rückgang der Aufträge und ein Ende des „Shale Booms“, der die Firma noch im Sommer zu neuen Höchstständen katapultierte.

Bevor jetzt jedoch die Winterdepression ausbricht: Es gab auch durchaus positive Nachrichten diese Woche. So konnten beispielsweise Titel, die von Investoren für ihre gute Dividendenausschüttung gesucht werden - wie Post und Buwog - auf neuen Höchstständen notieren. Auch bei unseren deutschen Nachbarn sah die Welt freundlicher aus: Der DAX konnte um knapp 2% zulegen, auch hier waren vor allem die defensiven Werte gefragt. In den USA verlief der Beginn der Berichtssaison eher enttäuschend, vor allem die Großbanken kämpfen mit höheren Rechtskosten und dem Niedrigzinsumfeld. Ein Großteil der Quartalszahlen steht jedoch noch aus, insofern darf man hier nicht zu vorschnell urteilen.

Insgesamt sieht man jedoch, dass die Schwankungen an den Börsen deutlich zugenommen haben. Diese Woche wird richtungsweisend: Neben den Berichten der US-Großkonzerne werden die EZB-Sitzung am Donnerstag sowie die griechischen Wahlen am Sonntag im Fokus stehen. Während die Erwartungen an die europäische Zentralbank in Punkto Unterstützungsmaßnahmen (Stichwort Quantitative Easing) hoch sind, dürften viele Investoren bei zweiterem einfach darauf hoffen, dass diese griechische Tragödie bald ein Ende findet.