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Gittler: Die Ölpreise fallen steil ab

Der große ÜberblickEs war ein recht ruhiger Tag auf den Finanzmärkten, aber ein Großkampftag für das Öl. Es gab kaum Nachrichten, die die Märkte beeinflussten, die zehnjährigen US-Anleihen waren um 3 Basispunkte (bps) gefallen, die Aktienmärkte schlossen beinahe unverändert, und das schon zum dritten Tag in Folge, und der Dollar notierte allgemein höher.

Die größten Bewegungen verzeichnete der Ölmarkt, wo die Preise noch tiefer abstürzten. Irak und Kurdistan schlossen ein Abkommen über ihre Ölexporte, durch das nächstes Jahr bis zu 400.000 Barrel pro Tag zusätzliches Erdöl auf den Weltmarkt gelangen könnten. Die Verhandlungen, die der Iran mit den USA über sein Atomprogramm führt, gehen weiter – womit die Möglichkeit offen bleibt, dass im Falle, dass ein Abkommen zustande kommen sollte, auch das iranische Öl wieder im Westen gehandelt werden könnten. Gleichzeitig sieht es danach aus, als ob die OPEC sich den Rufen nach einer Produktionsdrosselung auf ihrem Treffen am 27. November verschließen würde. Stattdessen sollen günstigere Ölpreise für den Export in die USA beschlossen werden. Die USA schwimmen bereits heute im Öl, und diese Initiative zielt ganz offensichtlich darauf ab, die unter hohen Betriebskosten mit der Fracking-Methode arbeitenden Ölproduzenten der USA vom Markt zu verdrängen. Dieser Rückgang der Ölpreise dürfte wahrscheinlich einen positiven Effekt auf die weltweite Wirtschaft haben: Die Supermarktkette Wal-Mart Stores etwa gab einen Anstieg der Verkäufe in ihren einzelnen Geschäften während des Q3 bekannt – zum ersten Mal seit sieben Quartalen. Als Grund dafür vermutet man unter anderem die gesunkenen Benzinkosten. Auf der anderen Seite bedeuten die niedrigeren Ölpreise ein großes Problem für die Zentralbanken, da so die Inflation weltweit fällt. Polens Verbraucherpreisindex ist im Oktober um -0,6% auf einer Jahresvergleichsbasis (yoy) gefallen, womit er den niedrigsten Stand seit 1982 erreichte. Die Bank von Italien warnte unterdessen vor einer längeren Phase stagnierender Preise. Dadurch würden die Pläne der Italiener, ihren riesigen staatlichen Schuldenberg (der jetzt der zweithöchste in ganz Europa ist, nach dem von Griechenland, mit 132% des BIP) abzutragen, zerschlagen werden.

Der Kollaps der Ölpreise bedeutet nichts Gutes für die ölfördernden Länder, und in der Tat war der CAD die nach dem GBP am zweitschlechtesten abschneidende Währung der G10. Das Pfund leidet immer noch unter den Nachwirkungen des Inflationsreports vom Mittwoch. Die Exporte von fossilen Energieträgern, hauptsächlich in die USA, machen 24% von Kanadas gesamten Exporten aus, und somit sind die Preise von fossilen Energieträgern in den USA entscheidend für die kanadische Handelsbilanz. Andererseits zeigte sich die NOK gestern gegenüber dem USD stabil. Im Laufe der letzten zehn Jahre waren die Währungspaare, welche am empfindlichsten auf die Ölpreise reagierten, USD/NOK, USD/CAD, AUD/USD, AUD/JPY und USD/BRL. Wenn wir einen kürzeren Zeitraum wählen (die letzten zwei Jahre), so führt USD/RUB die Liste an, und USD/MXN ist ebenfalls weit oben zu finden.

Der US-amerikanische JOLTS-Report, der die Zahl der neuausgeschriebenen Stellenangebote und die Fluktuation auf dem Arbeitsmarkt bemisst, zeigte, dass die Zahl der neu ausgeschriebenen Stellen im September stärker als erwartet gefallen ist. Sie lag bei 4,735 Mio., während sie im August bei 4,835 Mio. gelegen hatte. Allerdings achtet der Markt hierbei eher auf die Kündigungsrate, also die Rate, mit der die Angestellten in den USA ihre Jobs kündigen. Dies ist ein sehr aufschlussreicher Indikator, der das Vertrauen in den Arbeitsmarkt widerspiegelt, denn in unserer heutigen Zeit gibt es kaum Leute, die ihren Job aufgeben – es sei denn, sie sind zuversichtlich, dass sie schnell einen anderen Job finden können. Die Kündigungsrate stieg auf 2,0%, von zuvor 1,8% ausgehend – und damit befindet sie sich nun wieder auf einem Niveau, das mit dem vor der Finanzkrise vergleichbar ist. Dies sind ermutigende Nachrichten für den US-amerikanischen Arbeitsmarkt. Dennoch fielen die langfristigen US-Leitzinsprognosen um 3,5 bps ab.