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Chef-Rauswurf ist für Celesio kein Befreiungsschlag

Der überraschende Rauswurf von Firmenchef Markus Pinger eröffnet dem deutschen Pharmahändler Celesio kaum Spielraum für große strategische Wendemanöver. Zwar besteht die Hoffnung, dass die Führungsturbulenzen zwischen den Stuttgartern und ihrem schwierigen Mehrheitsaktionär, dem Mischkonzern Haniel, nun beendet werden. Nach Aussagen von Insidern hatte sich Pinger, der nicht einmal zwei Jahre im Amt war, mit der Führungsspitze der Muttergesellschaft überworfen. Pinger habe u. a. zu eigenmächtig die Fühler nach potenziellen Kooperationspartnern ausgestreckt, die Celesio international voranbringen sollten. Dabei habe sich Haniel übergangen gefühlt, hieß es in Kreisen. Auch habe Pingers interner Führungsstil dazu geführt, das mehrere Manager Celesio verlassen haben. Nach Ansicht von Experten gibt es aber zu dem von ihm eingeleiteten Umbaukurs, mit dem das Großhandels- und Apothekengeschäft wieder schlagkräftiger gemacht werden soll, kaum Alternativen.

Finanzchefin Marion Helmes, die nun kommissarisch am Ruder steht, verspricht verunsicherten Investoren daher zunächst einmal strategische Kontinuität. "Ich kann Ihnen versichern, dass Celesio den gewählten Weg weitergehen wird mit einem energischen und voll dahinter stehenden Management-Team unter meiner Führung", sagte sie. Dazu gehöre auch zu prüfen, wie Celesio international besser aufgestellt werden könne. Die Investoren zu beruhigen ist auch bitter nötig. Denn nach der plötzlichen Entlassung von Pinger liefen verunsicherte Aktionäre in Scharen davon: am Mittwoch rauschte die Celesio-Aktie gleich einmal sieben Prozent in den Keller und am nächsten Tag sackte der Titel mit bis zu 9,6 Prozent noch einmal kräftig ab. Ob die Versprechungen von Helmes ausreichen, den Aktienkurs wieder auf die Sprünge zu helfen, bleibt abzuwarten. Manche Analysten sind skeptisch: "Obgleich den Aussagen zufolge der strategische Ausblick von Celesio eine Team-Sache war, glauben wir, dass Pinger die treibende Kraft hinter einem Großteil der Initiative war", urteilen die Analysten von Jefferies. Seine Entlassung habe zumindest dafür gesorgt, das sich die Umsetzung verzögert.

Celesio kämpft schon seit längerem an mehreren Fronten: im Heimatmarkt belastet die immer stärkere Regulierung des Pharmagroßhandels - das setzt den Gewinnspannen enge Grenzen. Dazu kommen die Niedrigpreise der Generika-Branche, was die ohnehin schmalen Margen zusätzlich trübt. Überdies tobt seit Jahresbeginn eine heftige Rabattschlacht mit den großen Rivalen, dem Branchenprimus Phoenix, Alliance Boots, Noweda und Sanacorp um die Gunst der Apotheken. Im ersten Quartal war der operative Gewinn von Celesio deshalb um mehr als zehn Prozent auf 126,6 Millionen Euro eingebrochen. Pinger hatte das Traditionsunternehmen wieder ganz auf die angestammten Kerngeschäfte Pharmahandel und Apotheken ausgerichtet und ein Umbauprogramm angeschoben, was wieder für mehr Gewinn sorgen soll. LBBW-Analystin Barbara Ambrus weist unter anderem auf die Erprobung eines neuen Pharmaziekonzepts mit mehr Apotheken und auf eine engere Verzahnung von Apotheken- und Großhandelsgeschäften hin. "Die organisatorische Integration von Großhandel und Apotheken soll insbesondere im Einkauf und in der Distribution weitere Kosten-Einsparungen ermöglichen", schreibt die Expertin. Celesio ist momentan dabei, unter seiner britischen Marke "Lloyds" ein europäisches Apothekennetzwerk aufzubauen. "Wir erwarten überdies Kooperationen mit anderen, internationalen Großhändlern", so die Expertin. So könnten im Einkauf weitere Kosten gesenkt werden. Die Konkurrenz hat diese Wege zum Teil schon beschritten. So sorgte vor wenigen Monaten der US-Pharmahändler AmerisourceBergen mit einer großen Allianz für Schlagzeilen. AmerisourceBergen hatte eine auf zehn Jahre angelegte Partnerschaft mit der Pharmaziekette Alliance Boots und dem US-Konzern Walgreen geschlossen, die den beiden auch eine Beteiligung von bis zu 23 Prozent an AmerisourceBergen erlaubt. Solche Bündnisse sind in der Branche eine Möglichkeit, um unter anderem durch Größe mehr Preismacht zu gewinnen.

"Wir glauben, dass eine solche Vereinbarung Celesio aufschließen lässt zu Alliance Boots und dem Unternehmen gegenüber anderen europäischen Großhändlern Vorteile verschafft", urteilen die Analysten der Schweizer Großbank UBS. Aber noch sei kein Vertrag unterschrieben - und europäische Großhandelsrivalen loteten womöglich auch derartige Allianzen aus. Pinger hatte Insidern zufolge zuletzt eine Partnerschaft mit den US-Konkurrenten McKesson und Cardinal Health sondiert, die auch eine Beteiligung an Celesio einschließen könnte. Den Kreisen zufolge gab es auch Gespräche über eine Einkaufspartnerschaft mit der US-Pharmaziekette CVS Caremark.

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