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Intercell-CEO: "Wir kratzen sicher nicht am Zeitplan für den Break-even"

Börse Express: Wenn ich mir das richtig ausgerechnet habe, könnte das Q3 in punkto Umsatz mit Ixiaro/Jespect das schlechteste Quartal seit dem Q1 2011 (3,3 Mio. Euro) gewesen sein, auch liegt der Umsatz deutlich unter dem Q2/2012-Wert von rund 10 Mio. Euro. Was ist passiert?

Thomas Lingelbach: Die Umsatzentwicklung im Q2 war sehr stark und lag über unseren eigenen Erwartungen. Das hatte damit zu tun, dass unsere Distributoren, vor allem Novartis, sehr viel für die Verkäufe im Sommer geordert hatten. Nur kurz zur Erinnerung: Unsere Umsätze passieren ja phasenverschoben zur Entwicklung im Markt. Wir buchen, wenn wir an unsere Kunden, das sind die Distributoren, ausliefern.
Die Bestände bei unseren Kunden waren zuletzt somit sehr hoch, das Impfgeschäft verlief aber unter den Erwartungen, und es kam zu keinen Nachbestellungen im Q3. Wir hatten somit nur das Basisgeschäft. Hinzu kommt, dass sich ein Militärauftrag, den wir eigentlich für das Q3 erwartet haben, ins Schlussquartal 2012 verschoben hat.

BE: Warum lief das Impfgeschäft im Sommer so schwach? Da müsste es doch Erwartungswerte geben?

Lingelbach: Wir waren selbst überrascht. Einen Markt vorherzusagen, den es vorher noch nicht gegeben hat, ist eben schwierig. Ursprünglich sind wir von einem Plus von 30% bis 40% für die starken Reisemonate ausgegangen. Das Wachstum lag nun bei der Hälfte. Die genauen Ursachen, etwa eine rückläufige Zahl an Reisenden bzw. das wirtschaftliche Umfeld, weil die Impfung ja doch privat zu bezahlen ist, wissen wir noch nicht. Wir sind gerade dabei, dies gemeinsam mit Novartis zu analysieren.

BE: Das ist aber nun schon ein Unsicherheitsfaktor für die weitere Umsatzentwicklung ...

Lingelbach: Faktum ist, dass die Produktumsätze Monat für Monat wachsen – und wir werden uns auch im kommenden Jahr signifikant weiter entwickeln. Die Frage ist natürlich, wie vorsichtig wir guiden und allenfalls auch die Kostenbasis anpassen.

BE: Wann wird es Details dazu geben?

Lingelbach: Mit den Q3-Zahlen am 7. November. Wir werden versuchen, zumindest einen deutlichen Trend zu guiden.

BE: Ursprünglich haben Sie für heuer ein Wachstum der Produktverkäufe um 8 Mio. bis 10 Mio. Euro in Aussicht gestellt. Jetzt werden es zwischen 5 Mio. und 7 Mio. Euro. Das Delta liegt hier bei 3 Mio. Euro. Die Bandbreite für die Verlusterwartung haben Sie aber um bis zu 4 Mio. Euro angehoben, womit sich ein Jahresverlust von bis zu 24 Mio. Euro ergeben könnte. Gibt es ausser dem schwachen Umsatz im Q3 einen weiteren Grund?

Lingelbach: Nein, es gibt keinen weiteren Grund. Wir haben im vergangenen Jahr gesagt, dass wir für 2012 einen Verlust zwischen 15 Mio. und 20 Mio. Euro erwarten. Im Zusammenhang mit der Finanzierungsrunde, die aus einer Eigen- und einer Fremdkapitalquote besteht, haben wir die Guidance an das obere Ende, also in Richtung 20 Mio. Euro, verschoben – wegen der Kosten für das Fremdkapital. Wir wollten jetzt keinen Fehler machen und sehr vorsichtig guiden. Wir könnten auch durchaus einen Verlust von 20 Mio. Euro schaffen, aber gerade im Schlussquartal ergeben sich im F&E-Bereich Kosten, die nicht genau abschätzbar sind.

BE: Wie kann ich mir das vorstellen?

Lingelbach: In F&E sind rund 70% der Kosten externe Studienkosten von Zentren, die in der ganzen Welt verteilt sind. Erfahrungsgemäss stellen diese im Q4 dann meist die höchsten Rechnungen.

BE: Sie erwarten für das Q4 einen Umsatz von 8,5 Mio. bis 10,5 Mio. Euro und haben zuvor einen Militärauftrag erwähnt. Können Sie mir Details zum Umfang nennen?

Lingelbach: Leider können wir diesbezüglich keine Aussagen machen. Aber es ist der bislang grösste Einzelauftrag vom US-Militär, und es ist auch ein signifikanter Teil der Guidance für das Q4.

BE: Wie oft kommt eine Order vom Militär, wie sieht hier der Rhythmus aus?

Lingelbach: Wir haben heuer insgesamt drei Bestellungen erhalten, inklusive jener, die im Q4 schlagend wird. Wir werden versuchen, mit dem Militär eine Regelung zu finden, wonach wir vielleicht eine Order im Quartal verbuchen können. Damit erleichtert sich auch für die Investoren die Einschätzbarkeit. Bis dato ist das nicht vertraglich fixiert.

BE: Zuletzt haben Sie gesagt, Sie peilen den Break-even für den Zeitraum 2014/15 an. Bleibt es dabei?

Lingelbach: Wir werden an diesem Zeitplan nicht kratzen und das Unternehmen definitiv weiter in Richtung Break-even lenken. Sollten sich Änderungen in der Umsatzerwartung ergeben, dann müssen wir eben die F&E-Kosten stärker eindämmen.

BE: Das würde aber zulasten der aktuellen Pipeline gehen.

Lingelbach: Ja, natürlich. Aber wir können nicht mehr Geld ausgeben als wir zur Verfügung haben, und wir wollen auch nicht den Kapitalmarkt anzapfen. Der Markt sieht, dass wir derzeit auf Basis eines Verlusts von um die 20 Mio. Euro viele Pipeline-Projekte vorantreiben. Die Alternative wäre, dass wir weniger Projekte parallel machen, sondern eben in zeitlicher Abfolge.

BE: Was die Impfstoffpflaster-Technologie anbelangt, so haben Sie nach einem Rückschlag bei einer Studie eine Strategieänderung bekanntgegeben: Konzentration auf Partnerschaften und Auslizenzierungen. Die Zusammenarbeit mit GSK in dem Bereich ist damit beendet?

Lingelbach: Ja, sie ist eingestellt. Die Studie mit GSK hat grundsätzlich interessante Ergebnisse gebracht, aber es war für den Pandemische Grippe-Impfstoff eben zu wenig. Wir haben eine gute Datenbasis, die wir verpartnern wollen. Das ist ein deutlicher Shift weg von der Eigenentwicklung.

Interview: Bettina Schragl



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