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Deutsche Bank vor grösstem Umbau seit Jahren

Anshu Jain und Jürgen Fitschen, die beiden Co-Chefs der Deutsche Bank AG, stehen seit weniger als vier Monaten an der Spitze des Kreditinstituts. In dieser Woche werden sie voraussichtlich den umfangreichsten Umbau in acht Jahren ankündigen. Am morgigen Dienstag wollen die beiden ihren Strategieplan vorstellen und dabei wohl erklären, wie das Kapital aufgestockt werden soll, ohne Geld von den Aktionären einzusammeln. Investoren erhoffen sich zudem Informationen darüber, wie mit dem Vorwurf der Libor-Manipulation umgegangen werden wird und wie die Deutsche Bank die Kosten um 3 Mrd. Euro verringern will. Einige Experten halten es auch für möglich, dass es zu weiteren Stellenstreichungen bei dem Institut kommen könnte. Konkurrenten von der Schweizer UBS AG bis hin zur japanischen Nomura Holdings Inc. überarbeiten zurzeit ihre Geschäftsmodelle, da einige Bereiche aufgrund der schärferen Kapitalregeln unprofitabel geworden sind. Belastend wirken sich zudem die europäische Schuldenkrise aus sowie Ermittlungen gegen die Banken. Viele Kreditinstitute passen auch ihre Vergütungssysteme an die veränderten Rahmenbedingungen an. “Das wird der größte Umbau seit 2004”, sagt Christopher Wheeler, ein Analyst bei Mediobanca SpA in London, der rät, die Aktie zu verkaufen. “Es bestehen viele und vielfältige Risiken.” Bereits am 31. Juli hat die Deutsche Bank angekündigt, bis zu 1900 Stellen zu streichen und die Kosten gegenüber dem Niveau im ersten Halbjahr 2012 um 3 Mrd. Euro zu reduzieren. Der Arbeitsplatzabbau soll vor allem außerhalb Deutschlands erfolgen und beinhaltet 1500 Jobs in der Investmentbankensparte und im Support-Bereich. Das Unternehmen rechnet allerdings mit hohen Kosten, um diese Einsparungen zu erreichen. “Sie könnten sogar noch umfangreichere Stellenstreichungen am 11. September ankündigen”, erwartet Wheeler von Mediobanca mit Blick auf die Strategie-Vorstellung. Sinkende Erlöse könnten auf einen weiteren Sparbedarf hindeuten. Vom früheren Eigenkapitalrendite-Ziel von 25 Prozent, das 2004 von Konzernchef Josef Ackermann ausgegeben worden war, hatte sich dieser selbst bereits im Februar verabschiedet. Im aktuellen Umfeld hielten Bankenexperten eher eine Rendite zwischen 14 und 15 Prozent für realistisch, sagte Fitschen in der vergangenen Woche im Rahmen einer Konferenz in Frankfurt. Stattdessen seien Margendruck und höhere Kapitalanforderungen die neue Normalität für die Branche, fügte der 64-Jährige hinzu. Aufgrund der aktuellen Krise würden Kunden ihre Aktivitäten zurückfahren. Hinzu komme ein wachsender Wettbewerb. “Sie müssen die Bemerkungen zu den niedrigeren Rendite- Erwartungen in einen Kontext stellen”, sagt Boris Böhm, Vermögensverwalter bei Aramea Asset Management in Hamburg. “Es könnte ein opportunistischer Zug gewesen sein, um Bankenkritikern weniger Angriffsfläche zu bieten, oder sie gehen davon aus, dass auf den Sektor aufgrund der Staatsschuldenkrise härtere Zeiten zukommen.” Von den vier größten Investmentbanken Europas ist die Deutsche Bank am schwächsten kapitalisiert, wie aus Daten von Bloomberg Industries hervorgeht. Ende Juni kam das Frankfurter Institut auf eine Kernkapitalquote (Tier 1) von 10,2 Prozent. Sie hinkt damit der britischen Barclays Plc und den beiden Schweizer Großbanken Credit Suisse Group AG und UBS hinterher. “Was den Markt wirklich interessiert, ist die Frage, wie sie die Konkurrenten beim Kapital einholen wollen”, sagt Kinner Lakhani, ein Analyst bei Citigroup Inc. in London. Die unter der Bezeichnung Basel III bekannten strengeren Kapital-Regeln werden ab Anfang 2013 in Kraft treten. Sie machen es erforderlich, dass die Kreditinstitute höhere Kapitalreserven für riskantere Vermögenswerte vorhalten. “Es geht um sehr viel”, fasst Konrad Becker, ein Banken- Analyst bei Merck Finck & Co. in München, zusammen. “Wir sprechen hier von der gesamten Strategie der Bank und nicht nur von Gewinnzielen oder neuen Produkten.” (Bloomberg)

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