Holger Scholze: Pleitegeier kreisen über Athen – DAX bricht ein
Erneute Spekulationen um eine Pleite Griechenlands und zusätzliche Finanzhilfen für Spanien haben zum Wochenauftakt für heftige Reaktionen an den Finanzmärkten gesorgt.
Die griechische Regierung wolle offenbar weiterhin über einen großzügigeren Zeitplan bei der Umsetzung der Reformen im eigenen Land verhandeln. Bundeskanzlerin Angela Merkel und weitere hohe Vertreter aus den Kreisen der EU und desIWFsind dazu aber nicht bereit. Berichten zufolge würde Griechenland möglicherweise weitere Darlehen in Höhe von bis zu 50 Milliarden Euro benötigen. Finanzhilfen, die über das bisher vereinbarte Maß hinaus gehen, würden aber nicht mehr gewährt, heißt es von der Bundesregierung. Experten zufolge werde ein Staatsbankrott des südeuropäischen Landes immer wahrscheinlicher. Für Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler habe ein solches Szenario aber inzwischen seinen Schrecken verloren.
In Spanien geraten immer mehr Provinzen in finanzielle Nöte. Neben der Region Valencia hat nun auch die Region Murcia bei der Zentralregierung um Finanzhilfen gebeten. Experten rechnen nun damit, dass Spanien bald ganz unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen müsse.
Die Renditen für spanische Staatsanleihen sprangen auf den höchsten Stand seit Einfühung des Euro. Für zehnjährige Papiere lag die Rendite deutlich über 7,5 Prozent. Die Umsätze im Anleihenhandel der Börse Stuttgart zogen entsprechend stark an.
Großer Abgabedruck herrscht auch bei den griechischen Papieren. Hier klettere die Rendite bei Anleihen mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2023 von 25 auf mehr als 27 Prozent.
Der Euro rutschte auf ein Zweijahrestief zum US-Dollar (1,2068 US-Dollar) und ein Elfeinhalbjahrestief zum Japanischen Yen (94,26JPY).
DerDAXverlor am Vormittag zunächst 1,7 Prozent auf 6.520 Punkte. Das heute in Reaktion auf die beschriebenen Ereignisse erhobene Leerverkaufsverbot für italienische Finanzwerte und spanische Wertpapiere erhöhte dann aber den Druck. Denn in der Vergangenheit hätten Spekulanten in solchen Situationen verstärkt auf fallende Kurse deutscher Finanzwerte gewettet. Damit wollten sie vermutlich die Verbote in anderen europäischen Ländern umgehen. Letztlich fiel der derDAXbis zum Nachmittag bis auf 6.371 Zähler. Damit lag er mit 259 Punkten bzw. 3,9 Prozent im Minus. Binnen zweier Handelstage betrug der Abschlag sogar mehr als 5,5 Prozent. Dies ist der rasanteste Kursrutsch seit Anfang November 2011. Damals hatten Zweifel an der Wirksamkeit europäischer Rettungsbemühungen für Griechenland sowie die Ankündigung des damaligen griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, das Volk über das Hilfspaket und die damit verbundenen Sparauflagen abstimmen zu lassen, einen Kursrutsch ausgelöst.
Die Verunsicherung an den Märkten war auch lange Zeit bei der Mehrheit der kurzfristig orientierten Derivateanleger spürbar. Am Nachmittag gingen viele Marktteilnehmer dann aber wieder in Call-Optionsscheine und Long-Zertifikate auf denDAXhinein. Der Euwax Sentiment Index lag in dieser Phase bei plus 55 Punkten.
Börse Stuttgart TV
Laut einem Bericht des “Spiegel” wird derIWFseine Hilfszahlungen an Griechenland einstellen. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone – ob freiwillig oder nicht – wird somit immer wahrscheinlicher. Doch was wären die Folgen für den Rentenmarkt? Fällt dann auch Spanien? Fondsmanager Thomas Metzger vom Bankhaus Bauer sprach darüber bei Börse Stuttgart TV.
Zu den stärksten Verlierern gehören aus den oben genannten Gründen heute die Finanzwerte. Die Commerzbank lag am Nachmittag bei 1,14 Euro mit 5,4 Prozent im Minus. Die Deutsche Bank verbilligte sich um 3,5 Prozent auf 23,77 Euro. Hier drückte zusätzlich die Verkaufsempfehlung der Anaylsten der Berenberg Bank auf die Kurse. Die Allianz-Aktie notierte bei 76,17 Euro mit 4,6 Prozent im Minus und die Münchener Rück lag bei 110,10 Euro mit 4,5 Prozent im roten Bereich.
Nachdem Solarworld-Chef Frank Asbeck am Freitag angekündigt hatte, so lange auf sein Gehalt sowie Prämien und Dividenden seines Unternehmens zu verzichten, bis wieder Gewinne erwirtschaftet werden und das Bundesumweltministerium angekündigt hatte, ein Antidumpingverfahren gegen China in Erwägung zu ziehen, war der Aktienkurs zeitweise bereits um mehr als zehn Prozent gestiegen. Heute meldete Solarworld den Abschluss von Finanzierungsverhandlungen. Die relevanten Kennzahlen seien so angepasst worden, dass die eine größere Flexibilität erlauben. Mit diesen Vereinbarungen habe man die finanzielle Stabilität von Solarworld weiter gefestigt. Die Aktie verteuerte sich bis zum Nachmittag um 3,1 Prozent auf 1,19 Euro, hatte heute im Hoch aber schon einmal 1,3080 Euro erreicht.
SMASolar legte ebenfalls deutlich um 4,4 Prozent auf 25,78 Euro zu, nachdem die Analysten von Equinet die Aktie zum Kauf empfohlen hatten. Die Experten erwarten von den Quartalszahlen am 9. August eine positive Überraschung.