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Lohrke: Beispiellose Manipulation

Was wir derzeit erleben müssen, ist eine gigantische Meinungs- und Marktmanipulation, wie ich sie nie für möglich gehalten hätte. Ich will diese Behauptung aber nicht nur stehen lassen, sondern – wie Sie es von Globalyze und mir gewohnt sind – mit Daten und Fakten unterlegen.

 

 

So hat das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde über den EFSF/ESM/Fiskalpakt gestern nicht nur nicht zurückgewiesen, sondern die offensichtliche Notwendigkeit gesehen, in eine vertiefte Prüfung einzusteigen. Nach all dem Druck, den die Regierung und auch einzelne Abgeordnete, auch Europaabgeordnete wie Lambsdorff von der FDP und EU-Parlamentspräsident Schulz von der SPD mit dem Hinweis auf die Dringlichkeit gemacht haben, ist das eine schallende Ohrfeige für all jene. Anders kann der gestrige Tag nicht gedeutet werden.

 

Als einer von über 12.000 Bürgern, die sich der Verfassungsbeschwerde und auch Klage des Vereins „Mehr Demokratie e.V.“ gegen diese unseligen Gesetze angeschlossen hat, fühle ich mein Vertrauen in das höchste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsgericht, bestätigt.

 

Auf welch erbärmlichem Niveau die Diskussion derzeit läuft, sehen Sie an der Schlagzeile „Die Märkte geben eher Merkel recht“. Angesichts der Dimension und dessen, was auf dem Spiel steht, wundere ich mich schon, dass man immer wieder die Märkte (wer ist das?) zum Schiedsrichter erklärt. Es geht hier doch nicht darum, dass „die Märkte“ zufriedengestellt werden. Das tun die, die uns diesen falschen Kurs als richtig verkaufen wollen, mittlerweile doch bereits 4 Jahre vergeblich.

 

Es geht hier um nicht weniger als unsere Verfassung und um die Verfasstheit eines künftigen Europas. Dies dem Diktat der Märkte und der Kurzfristigkeit unterzuordnen oder es überhaupt soweit kommen zu lassen, ist ein Armutszeugnis der Regierungsparteien CDU/CSU/FDP einschließlich SPD und Grünen. Wer da auf die Zwei-Drittel-Mehrheit abstellt, dem kann ich nur entgegnen, dass sich Wahrheiten und das richtige Tun Gott sei Dank nicht dem Mehrheitsprinzip unterordnen. Auch der Fortschritt bzw. die Innovationen nicht. Sonst gäbe es sie nicht.

 

Auch, wenn ich keinerlei Parallelen herstellen will, erinnere ich daran, dass es in unserer Geschichte, in der Weimarer Verfassung, eine Reihe von sog. Ermächtigungsgesetzen gab, die der Weimarer Verfassung widersprachen. Das Bekannteste und Folgenschwerste wurde übrigens ebenfalls mit einer Zwei-Drittel Mehrheit angenommen. In der Debatte war seitens der konservativen Zentrumspartei die Rede davon, dass „...im Angesicht der riesenhaften Aufgaben ...“ „..alle kleinen und engen Erwägungen schweigen müssen ... über alle parteipolitischen und sonstigen Gedanken hinweg.“ Dazu schrieb Sylvia Eilers in ihrem Buch: „Die Besonderheit eines Ermächtigungsgesetzes lag vor allem darin, dass die Parlamentarier in einem freiwilligen Akt der Selbstausschaltung glaubten, die Exekutive aufgrund ihrer größeren Sachkompetenz, ihrer parteipolitischen Unvoreingenommenheit und ihrer Erfahrung von parlamentarischen ‚Hemmnissen‘ befreien zu müssen.“ Es hat also gute Gründe gehabt, warum unsere Gründungsväter unserer Verfassung einen so hohen Stellenwert einräumten. Nichts, aber auch gar nichts, rechtfertigt es, dass wir unsere Verfassung verletzen oder das Vertrauen des Bürgers in unsere Verfassung dauerhaft beschädigen. Schon gar nicht die Finanzmärkte. Übrigens auch und schon gar nicht ein freies, wertorientiertes und rechtstaatliches Europa, wie ich es jedenfalls will. Wo bleibt da der vielgeforderte und richtige Primat der Politik?

 

Was im Gegensatz zur Wahrheit die Lüge betrifft, so stellte übrigens schon Martin Luther eindrucksvoll fest, dass diese „wie ein Schneeball“ sei, der „je länger man ihn wälzt, desto größer“ wird. Benjamin Franklin geht noch einen Schritt weiter, wenn er feststellt, dass „nur die Lüge die Stütze der Staatsgewalt braucht, die Wahrheit aber von alleine in der Mitten aufrecht steht.“

 

Aber messen wir diejenigen, die glauben recht zu haben, an ihren eigenen Taten.

 

Spanien bekommt, wie Sie alle wissen, für ihre Banken über 60 Mrd. Euro. Auch, wenn es keiner von denen, die übrigens jetzt so geil auf eine Bankenunion sind und die Aufsicht hervorheben, hören will, so erinnere ich diese an die weit in der Versenkung verschwundenen, von mir früher an dieser Stelle heftig kritisierten und von der European Banking Authority durchgeführten Banken-Stresstests. Wofür noch eine neue Behörde, wo doch die erst neu gegründete Europäische Bankenaufsichtsbehörde, von der diejenigen, die heute die Bankenunion wollen, damals die gleichen Argumente wie bei der Bankenunion jetzt nutzten, massiv versagt hat?

 

Noch heute frage ich mich, wie das sein kann, dass Banken jetzt Milliarden ja Billionen (EZB) Hilfen brauchen, wo sie doch all die Stresstests bestanden haben? Dass ich neulich lesen musste, dass die 60 Mrd. Euro nicht verloren wären, da ja die Abschreibungen auf die Immobilienkredite nur vorübergehend wären, der soll sich einfach mal für 99 Euro ein Europa-Lufthansaticket zum Sonderpreis nach Spanien buchen und sich einmal die Bauruinen in Spanien ansehen. Auch verweise ich auf die vor langer Zeit geplatzte japanische Immobilienblase. Ich halte das für unverantwortliches Gerede. Man sollte den Leuten reinen Wein einschenken und sagen, dass ein Teil des Gelds unwiederbringlich verloren ist. In Zeiten aber, in denen die Pfandbrieffonds auf Flugzeuge als „sicher“ angeboten werden, was mich an die angebotenen Schifffsfonds von damals erinnert, schaut man wohl ungern zurück. Sagte nicht einst Helmut Kohl, dass der die Vergangenheit nicht kennt, keine Zukunft habe?

 

Ich könnte auch die Griechenlandgeschichte wieder aufwärmen. Was mir inzwischen zum Hals heraushängt. Auch da steht die nächste Umschuldung, selbst nach dem als Berater der Regierung tätigen Ex-Deutschbänker Ackermann an. Auch da wurde uns nicht die Wahrheit gesagt und ein „freiwilliger“, viel zu niedriger Schuldenverzicht als heilsbringend verkauft. Ich frage mich nur, wo das Heil nun ist? Dabei meine ich nicht den SPD-Heil, der in der letzten Bundestagsdebatte mit seiner großen Klappe den FDP-Finanzexperten Schäffler als rechtsgerichteten Nationalisten in die Ecke stellen wollte. Der ausweislich ein Europäer ist und lediglich die Einhaltung von „geltendem“ Europarecht (was für eine Frechheit?!?) eingefordert, auf die No-Bail-Out Klausel abgestellt und den falschen Weg kritisiert hat.

 

Wenn ich nun lese, dass auch Italien daran denkt, sich aus dem Rettungsschirm zu bedienen, dann ist das Schlimmste eingetroffen, was man sich nur denken konnte. Selbst Bundesfinanzminister Schäuble müsste, wenn er ehrlich wäre, zugeben, dass er damit vor einem Jahr noch nicht zu rechnen gewagt hätte. Und klar ist in diesem Zusammenhang auch, dass wir das nicht mehr wuppen werden. Spanien und oder Italien werden den Rettungsschirm zerfetzen, wenn sie denn weitere Hilfen brauchen. Das ist die Wahrheit, die Ihnen heute keiner zugibt, die aber in einem halben Jahr wieder einmal common sense sein wird und weswegen das Parlament dann wieder in einer Nacht- und Nebelaktion weitere Milliarden oder Billionen, woher die auch immer kommen mögen, beschließen wird.

 

Nein, ich bin kein Crashprophet und nicht einmal ein Pessimist. Ich bin ein Optimist wie er im Buche steht. Aber, was da derzeit passiert, übersteigt meine schlimmsten Befürchtungen. Und so wundere ich mich schon, welche Ökonomen sich hier und aus aller Welt melden und uns Ratschläge erteilen wollen. Diesen Kollegen rufe ich zu, dass sie sich gerne an den Milliarden und Billionensummen des Rettungsschirms und der EZB beteiligen können. Nur Rat zu geben, für den dann die anderen Bürger zahlen, ist mir persönlich zu billig. Egal, ob die in Berkley, Harvard oder Stanford studiert haben. Man möchte Ihnen zurufen: Kehrt ihr doch erst einmal vor Eurer eigenen amerikanischen Türe. Da habt Ihr wirklich genug zu tun.

 

Auch wundert und erschüttert mich, dass die Medien dergestalt versagen. Nicht wir Euro-Skeptiker, Abweichler und Europa-Gegner, wie uns manche abwertend beschimpfen, haben diesen Schlamassel verursacht, sondern die falsche Politik der letzten 4 Jahre und vor allem der vielen, vielen Jahre davor. Und, man kann es ihnen nicht durchgehen lassen, jene Berater, die jetzt krampfhaft versuchen ihren angekratzten Ruf zu verteidigen.

 

Weil viele, allzu viele weggeschaut hat. Wieder und wieder. Anstelle der sachlichen Analyse trat politische Überzeugung und sog. Pragmatismus. Bei der Aufnahme Griechenlands in den Euro (Schweden ist übrigens nicht im Euro). Bei der Verschuldung der Staaten. Oder bei den Immobilienspekulationen der spanischen Banken. Wo wart Ihr da mit Eurer datenfressenden Superstatistikbehörde Eurostat, die Ihr meint uns beschimpfen und unter Druck setzen zu dürfen? Welchen Wert haben diese Behörden denn, wenn sie uns in solch dringenden Fragen nicht helfen?

 

Warum geht Ihr trotz dieser astronomischen Hilfen noch immer nicht die uns vielfach hintergehenden, zockenden Banken an und trennt sie in Investmentbanken und Kreditbanken, um das Systemrisiko zu beseitigen?

 

Dr. Lowe von der australischen Notenbank sagte erst kürzlich vor dem Australian Centre for Financial Studies Forum über bzw. zu den Banken Folgendes:

 

“The banking system globally is not doing enough to rebuild that bond of trust among the public and the problems with Barclays is just another illustration of that. So if the banking system wants the regulatory pressure to ease up a bit and it wants the political pressure to ease up a bit it needs to do more to build its bond of trust. Financial intermediation is about trust, banks have done a lot of brand damage and I don't see much going on at the moment that is effectively rebuilding that bond of trust. Until that exists I think our societies will quite rightly demand that our politicians and our regulators to do something about that. Banks need to more as well rather than just saying 'regulation isn't the solution."

 

Diese Finanzkrise hat für Europa nicht nur brutale wirtschaftlichen Konsequenzen wie auch die hohe (Jugend-) Arbeitslosigkeit, welche die OECD gerade erst bestätigte und monierte, sie untergräbt auch das Vertrauen in die politischen Kräfte und das politische System. Ich jedenfalls traue bis auf wenigen Ausnahmen unseren Abgeordneten in Berlin nicht mehr. Man muss sich doch nur die Farce um das Meldegesetz ansehen. Jeder kleine Arbeitnehmer, der sich das geleistet hätte, wäre wahrscheinlich gekündigt, zumindest aber abgemahnt worden. Wer es soweit – bis zur notwendigen Prüfung des falschen Handelns vor dem Bundesverfassungsgericht - hat kommen lassen und noch immer so tut, als seien die anderen Schuld, ist dieses Vertrauen schlicht auch nicht wert. Das ist die bittere Erkenntnis. .

 

Aus der Finanzkrise ist eine Staats- und Europa-, ja sogar zuletzt eine Verfassungskrise geworden. Jeder frage sich an seiner Stelle, was er dazu selbst beigetragen hat. Durch Tun und viel schlimmer, durch Unterlassen. Anstatt mit Diskreditierung anderer aufrechter Demokraten, Deutsche und Europäer billig abzulenken.

 

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und stets hohe Renditen.

 

Ihr Norbert Lohrke

 

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