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„Die OMV-Aktie halte ich für ­strukturell unterbewertet“

Börse Express: Ihr Anlageziel laut Fondsprospekt ist, einen der wirtschaftlichen Entwicklung Europas entsprechenden attraktiven Wertzuwachs zu erzielen. Was heisst das aus Anlegersicht für die heuer zu erwartende weitere Renditeentwicklung?

Stefan Mayr: Ich rechne mit in etwa sechs bis sieben Prozent.

Börse Express: Zu Jahresbeginn waren es vor allem Banken, die den Markt trieben. Wird das wieder so sein? Deren anfängliche Performancezuwächse sind doch schon wieder deutlich zurück gekommen. Der Run nach den LTROs war nicht nachhaltig. Dafür dürften jetzt jene Werte profitieren, die ich mehr präferiere – etwa Nahrungsmittelhersteller.

Börse Express: Hat diese Präferenz etwas mit der Annahme einer kommenden Rezession zu tun?

Stefan Mayr: Ich sehe ein langsames Wachstum der Wirtschaft in Europa, aber keine Rezession. Es bleibt aber die Frage, wann wir einen selbsttragenden Aufschwung schaffen – ohne Hilfe der Notenbank. Das sehe ich heuer noch nicht.

Börse Express: Die grösste Einzelgewichtung punkto Region ist bei Ihnen Grossbritannien. Sind Sie für dort ein Konjunkturoptimist oder hat das etwas mit einer Benchmark zu tun?

Stefan Mayr: An sich hat der Fonds keine Benchmark, aber es gibt gute Unternehmen in Grossbritannien, die auch eine gute Dividende zahlen, wie BHP Billiton oder BP. Ich nehme dort nur grosse, global agierende Unternehmen, keine domestic names.

Börse Express: Werden FX-Risken abgesichert?

Stefan Mayr: Grundsätzlich nicht. Es ist auch so, dass ich eher versuche, derzeit nicht zuviel Euro-Exposure zu haben. --new_page-- Börse Express: Die nordischen Fluchtwährungen sind bei Ihnen aber keine wirkliche Grösse im Portfolio ...

Stefan Mayr: Dort gibt es nicht so viele aktuell interessante Large Caps.

Börse Express: Sie haben BP erwähnt. Unter Ihren Top fünf Positionen befinden sich gleich drei Ölwerte. Wie sehen Sie die Zukunft des Ölpreises?

Stefan Mayr: Da bin ich eigentlich etwas vorsichtig, Werte von mehr als 100 Dollar je Barrel halte ich in der derzeitigen Wirtschaftssituation für etwas hoch, da die Nachfrage an sich nicht so gut ist. Für die Budgets der Unternehmen und auch der Privathaushalte wären Preise von etwas unter 100 Dollar auch besser. Wenn die Spannungen um den Iran nachlassen, kann ich mir durchaus Preise von 80 Dollar vorstellen.

Börse Express: Darunter auch? Immerhin soll dort die Schmerzgrenze Saudi Arabiens liegen, um einen ausgeglichenen Staatshaushalt darstellen zu können ...

Stefan Mayr: Gerüchteweise braucht Russland sogar 100 Dollar. Aber Werte von unter 80 Dollar sehe ich nicht, ausser es kommt zu einem massiven Einbruch der Konjunktur. Und den sehe ich ja, wie erwähnt, nicht.

Börse Express: Im Portfolio befindet sich zu 0,6% die Region Österreich. In wen wird investiert?

Stefan Mayr: In die OMV, die verdient bei diesen Ölpreisen sehr gut, die Aktie halte ich für strukturell unterbewertet. Da spielt mit, dass das Management international etwas kritisch gesehen wird. Das sehe ich nicht so, die haben in den vergangenen Jahren eigentlich einen guten Job gemacht. --new_page-- Börse Express: Sonst gefällt Ihnen keine Austro-Aktie?

Stefan Mayr: Doch, Andritz – die ist mittlerweile für mein Universum auch bereits so etwas wie ein Large Cap, ist mir aber etwas zu teuer. Bei einem etwas grösseren Rücksetzer wäre die Aktie aber durchaus interessant.

Börse Express: Wie definieren Sie so einen Rücksetzer?

Stefan Mayr: Etwas mehr als zehn Prozent.

Börse Express: Da wir gerade an der Schwelle dazu stehen. Was halten Sie vom Spruch, “Sell in may ...”?

Stefan Mayr: Saisonalitäten darf man nicht unterschätzen. Gerade heuer bin ich aber nicht extrem vorsichtig, da wir eine gute Dividenden-Saison vor uns haben, gerade bei Large Caps. Ich etwa habe im Fonds derzeit eine durchschnittliche Dividendenrendite von rund 4,7 Prozent.

Börse Express: Warum beurteilen Sie eine hohe Ausschüttung so positiv – ist das nicht auch ein Zeichen dafür, dass die Unternehmen keine lohnenden Wachstumsinvestitionen mehr sehen?

Stefan Mayr: Gerade Large Caps können Kraft ihrer Grösse nicht so schnell expandieren. Deren Fokus liegt daher weniger auf externem, sondern auf solidem Wachstum.

Börse Express: Sehen Sie den EuroStoxx Ende des Jahres höher, oder tiefer als jetzt?

Stefan Mayr: Höher, viel Downside-Potenzial sehe ich nicht.

Börse Express: In Frankreich und Griechenland stehen wichtige Wahlen an. Auch wenn es heisst, dass politische Börsen kurze Beine haben – ist das für Sie ein Thema?

Stefan Mayr: An politischen Börsen positioniere ich mich weniger. In solchen Situationen wird aber gern und oft übertrieben – das sind dann oftmals Chancen, die man nutzen kann.

Börse Express: Auch wenn Sie das Wort Wette so nicht stehen lassen wollen, mit welchen Werten glauben bzw. hoffen Sie, den Markt zu schlagen?

Stefan Mayr: Mit Konsumgüteraktien. Die weisen zwar keine spektakulären, aber solide Wachstumsraten auf. Und haben oft ein grösseres Emerging Markets-Exposure als allgemein angenommen wird, etwa Danone oder Heineken. Sehr gut gefällt mir die irische Kerry Group.

Börse Express: Betreiben Sie Aktienleihe?

Stefan Mayr: Nein.

Börse Express: Angenommen, Sie werden den Märkten gegenüber sehr skeptisch, wie können Sie im Fonds reagieren?

Stefan Mayr: Ich kann die Cash-Quote hochfahren, hatte aber noch nie mehr als fünf Prozent. Ich werde dafür bezahlt, dass ich mit Aktien-Investments Geld verdiene, dann gehe ich halt in defensive Werte.

Börse Express: Ist jetzt ein guter Zeitpunkt, in den Fonds einzusteigen?

Stefan Mayr: An sich bin ich ein Fan von Sparplänen, da man den richtigen Zeitpunkt nie erwischt. Als Anleger würde ich vielleicht die kommenden Wahlen in Frankreich und Griechenland abwarten, da diese den Markt negativ aufstossen könnten. Aber wie bereits gesagt: Wir haben bei Blue Chips eine gute Dividendensaison vor uns, da kann man eine gute Rendite erzielen. An sich sollten Anleger nicht zuletzt den Blick Richtung Emerging Markets richten: Wenn es dort gut läuft, wird auch unsere Staatsschuldenkrise nach und nach in den Hintergrund geraten. --new_page-- Börse Express: Sie erwähnten vorhin defensive Werte. Wie stehen Sie zu Telekom-Unternehmen und Versorgern, die zählen ja auch als gute Dividendenzahler ...

Stefan Mayr: Mir gefallen beide Branchen nicht. Utilities haben de facto keine Chance zu expandieren, haben ihre Assets in Europa und sind damit dem Staat ausgeliefert, ohne reagieren zu können. Und die meisten Telkos sind nicht gut aufgestellt, da wird der Margenverfall weiter gehen. Damit ist dann auch die Dividende nicht nachhaltig. Daher habe ich nur Vodafone im Portfolio, die gefällt mir.

Börse Express: Welches Investment machte Ihnen besondere Freude und welches weniger?

Stefan Mayr: Die erwähnte Kerry Group, als ich sie vergangenen Herbst aufstockte. Die entwickelt sich sehr gut, dort stimmt das Geschäftsmodell ganz einfach. Weniger gefreut hat mich der Kurseinbruch von Heineken letzten Sommer, als ich den Titel übergewichtet hatte. Aber das ist bereits aufgeholt, das Geschäftsmodell stimmt ja dort ebenso.