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'Banken haben zwei Möglichkeiten: Kapital erhöhen oder Bilanzsumme reduzieren'

Am 24.11. plauderten Rene Berger (Geschäftsführer Next March), Gerhard Fiala (Managing Partner Pontis Capital), Peter Haidenek (CFO Polytec), Thomas Lenzinger (CEO Griffner, Ex-VC) und Karin Reisinger (Steuerberaterin, Reisinger & Konprat, Autorin "Handbuch Börsegang") über das Thema Eigenkapital. Hier, aus dem Talk herausgegriffen, Statements von Rene Berger.

Cafe BE: Eigenkapital vor dem Hintergrund Credit Crunch, Basel-Regelungen, geringen Eigenkapitalquoten bei Mittelstandsunternehmen – wie sieht es tatsächlich in Österreich aus, Herr Berger?

Rene Berger: Das Thema Eigenkapital in Österreich gehört dedramatisiert. Bei der Entwicklung von Unternehmen geht es um Stabilität, das leitet sich primär aus der Liquidität und dem Cash flow ab und weniger aus dem Eigenkapital. Das Thema Eigenkapital kommt in die Frage der Unternehmensfinanzierung über die Rolle der Banken und die Frage, welche Rolle die Bank dem Eigenkapital als Messlatte für die Stabilität eines Unternehmens beimisst. Man kann ein Unternehmen problemlos auch mit negativem Eigenkapital zu einem Wachstumsunternehmen machen, so lange die Bank mich in der Entwicklung unterstützt. Und da ist in den vergangenen zehn Jahren viel passiert, was man im Zusammenhang mit der Wirtschaftsentwicklung sehen muss. Die Eigenkapitalanforderungen an die Unternehmen werden immer grösser, das kommt aus dem Umfeld der Banken und dort nicht von den Bankern selbst, sondern vom regulatorischen Umfeld. Vieles wäre ja für KMU gar nicht erforderlich. Eigenkapital sehe ich nicht als starres Gebilde. Ich sehe es als sehr wichtig, dass ein Unternehmen vernünftig mit Eigenkapital ausgestattet ist, vor allem, wenn man wachsen will. Das geht unter Hinzunahme von Partnern meist besser.

Cafe BE: Was waren die Milestones von Next March 2012? Zb Williams war ja ein grosses Thema ...

Berger: Wir schauen uns das Gearing an, und überprüfen, wie die Vereinbarungen mit der Bank aussehen. Williams ist da hervorragend aufgestellt, weil Net Debt kein Thema ist. Williams ist aber auch ob der Branche nicht wirklich beispielgebend.

Berger: Die Banken können nur teilweise etwas dafür, mit Blick auf das Thema Eigenkapital wird es in den kommenden Jahren ganz schwierig. Die Banken haben aufgrund der neuen Eigenkapitalvorschriften nur zwei Möglichkeiten: Entweder man macht Kapitalerhöhungen, was bei den aktuellen Kursniveaus den Eigentümern nicht gefallen kann, oder man fährt eben die Bilanzsumme zurück. Das heisst auch: Weniger Kredite. Dann kommen Manager, die Kreditexposure zurückführen wollen, eine Masszahl wird die Eigenkapitalquote sein. Für die VC/PE-Branche hiesse das einerseits, dass die Unternehmen stärker bei uns anklopfen müssten, andererseits ist man ja auch schon investiert und ist dem Ganzen schon ausgesetzt. Ein Mittelständler möchte eher nicht, dass irgendjemand im Eigenkapital sitzt und vielleicht auch noch bei Managementthemen mitredet, das haben die Banken ja jahrelang auch nicht gemacht.

Cafe BE: Jetzt haben wir oft gehört, dass die Banken nicht mehr so viel dürfen und daher auch nicht mehr so viel wollen. Haben die Risikokapitalgeber überhaupt Kraft und Lust, da einzuspringen? Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Banken aus?

Berger: Wir haben gerade eine sehr schöne Erfahrung gemacht in dieser Mix-Situation einer Finanzierung für ein sehr junges Unternehmen. Wir haben eine Firma, die einen Gyrocopter herstellt, finanziert. Das haben wir gemeinsamen mit der lokalen Raiffeisenlandesbank gemacht. Die ist Fremdkapitalgeber und hat auch ein klein wenig Eigenkapital in die Hand genommen, um einen Leverage zu erreichen, der wiederum für die aws relevant ist. Dazu ist die NÖBEG eingestiegen und wir. Das hatte in Summe eine Grössenordnung von 2 Millionen. Ich sehe diese Mix-Projekte leider nicht immer so einfach. Die aws, früher FGG, ist deutlich restriktiver geworden. Man muss weiters tatsächlich an einen unternehmerisch denkenden Banker kommen, damit man so etwas aufsetzen kann. Und die Eigenkapitalfinanzierungsszene hat leider nicht die Grössenordnung, um in die Bresche zu springen. Ich war erstaunt und habe mich sehr gefreut, dass Pontis einen sehr grossen Fonds geschafft hat. Das müssten mehrere zustande bringen. Strukturiert herangehende Gesellschaften gibt es ja kaum mehr, GEP macht etwas anderes, Go Equity gibt es gar nicht mehr, wir wiederum agieren eher opportunistisch, die früheren Strukturen hat die Branche nicht mehr.

Cafe BE: Was ist Ihr Tipp an Unternehmer? Bzw. was ist ein Wunsch?

Berger: Ich glaube nicht, dass wir in einem Bereich tätig sind, wo wir uns überlegen sollten, was wir uns wünschen. Wir müssen uns effizient auf die nächsten zwei Jahre einstellen. Wenn das bedeutet, dass ich X Prozent Eigenkapital brauche, weil sonst die Bank abspringt, dann bleibt mir nicht viel über, als das zu lösen. Wünschen kann ich mir viel, zB eine eigene Bank für Wachstumsunternehmen, die zB über fünf Jahre durchfinanziert.

Interview: Christian Drastil Der komplette Zusammenhang: http://www.be24.at/blog/entry/668040 Mehr: http://www.boerse-express.com/cafebe

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