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Telekom Austria: Wann erreichen die Skandale den Aktienkurs?

Mit einem Kursabschlag von rund 11% seit Monatsbeginn fällt die Aktie der Telekom Austria eigentlich nicht weiter auf – sie rangiert vielmehr genau im Mittelfeld des ATX, der seit Anfang August um rund 16% in die Knie gegangen ist. Neben dem unwirtlichen Umfeld und Rezessionsängsten spielen bei der Telekom die Währungsabwertung im wichtigen Markt Weissrussland, geringere Prognosen für die Entwicklung in Bulgarien sowie die immer dünner werdende Eigenkapitaldecke ein Rolle.

Das waren auch einige der Themen, die von Analysten im Conference Call zu den Q2-Zahlen abgefragt wurden. Lediglich gegen Ende der Konferenz kam die Frage eines Londoner Analysten, inwieweit durch die jüngsten Berichte zu den Kursmanipulationen, etc. dem Unternehmen ein Reputationsschaden in Österreich entstehen könnte. Telekom-Boss Hannes Ametsreiter: „Das ist natürlich eine sehr ernste Situation, die der Reputation des Unternehmens nicht gut tut. Wir hoffen, dass wir das schnell zu einem Ende bringen. Wir kooperieren mit allen Behörden und daher glauben wir, dass unser aktives Geschäft davon nicht beeinträchtigt wird.“

Einige Stunden zuvor, bei der Pressekonferenz zu den Halbjahreszahlen, hatte Ametsreiter den Journalisten fast ausschliesslich zu Fragen der Vergangenheitsbewältigung, möglichen Klagen und der Wahrscheinlichkeit weiterer Malversationen Rede und Antwort stehen müssen.

Doch wann erreichen diese Affären und Skandale auch den Aktienkurs? Oder haben Sie es bereits getan? Die Meinungen dazu variieren.

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„Am Markt ist das derzeit keine grosse Sache. Es ist freilich für einen Analysten, der in London sitzt, schwierig einzuschätzen, welche Auswirkungen das in Österreich haben könnte,“ sagte ein internationaler Analyst zum Börse Express. Die englischsprachigen Berichte über die Skandale halten sich bislang in engen Grenzen, in der Wahrnehmung sei man daher zu einem Gutteil auf Aussagen aus dem Unternehmen, also der Telekom, angewiesen.

„Bis jetzt ist die Aktie davon unbeeinflusst. Was einen möglichen Reputationsschaden für das Unternehmen anbelangt, so ist der Zeitpunkt natürlich ungünstig,“ sagt RCB-Analyst Bernd Maurer und verweist auf die aktuelle Re-Branding-Kampagne in Österreich (in A1 Telekom Austria). Generell würden solche Vorkommnisse die Wahrnehmung der Kunden aber eher nur kurz beeinflussen.

Negatives Licht

Vera Sutedja vom Research der Erste Group sieht die Telekom durch die Berichte über die Bonuszahlungen aus dem Jahr 2004 und die Vorwürfe von Geldflüssen an Politiker und Lobbyisten in ein negatives Licht gerückt. „Interne Untersuchungen brauchen Zeit und gehen auf Kosten des Unternehmens. Es ist schwer, das abzuschätzen.“ Es sei jedenfalls von Vorteil, dass die Telekom-Aktie nicht mehr in den USA gelistet ist, so Sutedja. Sie verweist auf die ungarische Magyar Telekom, die vor einigen Jahren mit Schmiergeldzahlungen in ihren Töchtern in Mazedonien und Montenegro konfrontiert war. Es ging damals um rund 31 Mio. Euro. Das Settlement mit der US-Börseaufsicht SEC kostete allerdings 43,3 Mio. Euro, die Kosten für die Aufarbeitung belaufen sich auf über 90 Mio. Euro seit 2007.

Sutedja schliesst nicht aus, dass es bereits Auswirkungen auf den Aktienkurs der Telekom gibt: Potenzielle Anleger könnten mit Investments in ein Unternehmen, das mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert ist, zurückhaltend sein. „Vor allem US-Anleger lassen hier Vorsicht walten,“ so Sutedja.

Kurs im Keller

Alfred Reisenberger, der das Asset Management der Wiener Privatbank leitet, sieht es ähnlich: „Ich würde nicht sagen, dass sich die Skandale nicht im Kurs widerspiegeln. Tatsache ist, dass der Kurs im Keller ist.“ Natürlich habe dies auch mit der aktuellen Börsensituation zu tun. „Das dicke Ende kommt vielleicht noch. Der Reputationsschaden für das Unternehmen ist allemal bereits eingetreten. Aber man muss klar unterscheiden: Die Kursmanipulation und die dadurch ausgezahlten Prämien sind wirklich ein sehr niedriger Betrag für das Unternehmen und vernachlässigbar. Hier geht es mehr um die persönliche Verantwortung der involvierten Personen. Die Übernahmen und die dafür gezahlten Preise sind ein anderes Thema. Aber es wäre jetzt zu einfach zu sagen, dass damals zu hohe Preise bezahlt wurden. Natürlich erscheinen heute sehr viele Übernahmen, in allen Branchen, überzogen. Es gab aber eine Bewertung und einen Kaufpreis, und diese hat der Markt damals gut geheissen.“

Alexander Proschofsky von der Cube Invest sieht den Reputationsschaden für die Telekom ebenfalls bereits eingetreten: „Minus 22% seit Jahresbeginn gegenüber minus 10,6% im europäischen Telekomsektor sprechen ein klare Sprache. Wenn – wovon ich eher ausgehe – auch noch Unregelmässigkeiten bei den Akquisitionen in Bulgarien und Weissrussland zutage kommen, wird sich das noch verschlimmern. Das alles kommt in einer Situation, in der die Telekom eine sehr dünne Eigenkapitaldecke hat, zur Unzeit.“

Fondsmanager Alfred Wögerbauer, der die Telekom-Aktie zu Jahresbeginn zu den Top-Positionen in seinem 3BG Österreich Fonds zählte, hat den Titel aktuell nur mehr mit unter 1% gewichtet. „Es ist eine Kombination aus vielen Dingen, von der Abwertung in Weissrussland bis zur aktuellen Diskussion,“ sagt er. Aus Sicht KGV und Buchwert sei die Aktie zu teuer, auch im internationalen Vergleich. Ausserdem zahle die Telekom eine Dividende, die sie sich eigentlich nicht leisten kann. (bs)

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