, boerse-express
Lohrke: Alternativlos
Gestern habe ich von einem aufmerksamen und kritischen Leser eine E-Mail mit einem Link auf einen sehr US-kritischen Artikel mit der Überschrift „Ein amerikanischer Traum (-aufschwung)“ erhalten. Natürlich war das auch als Kritik an meiner grundsätzlich positiven Haltung zur USA gedacht. Da ich aber mit der Kritik an anderen auch nicht hinter dem Berg halte, habe ich nichts gegen Kritik, die mir entgegenschlägt. Im Gegenteil. Ich nehme sie dankbar auf. Da wie ich weis und mit zunehmendem Alter auch zuzugeben bereit bin, dass mir natürlich auch jede Menge Fehler unterlaufen. Wobei sich die Frage stellt, ob dies im konkreten Fall wirklich der Fall ist. Und es kein Problem ist, solange man mit zu über 50 % richtig liegt. Dann ist man schon auf der Erfolgsseite.
Um es kurz zu machen. In dem Artikel stellt der Autor fest, dass sich in den USA strukturell gar nichts geändert habe, die Sparquote negativ sei, das Land hochverschuldet, Rationalisierungs- statt Erweiterungsinvestitionen vorgenommen werden, Gesundheits- und Sozialwesen mehr Beschäftigte zählt als der Produktivsektor und an der Bildung gespart wird. Und 43,2 Mio. Menschen auf Essensmarken angewiesen wären. Der Autor der Artikels zeichnet also ein recht schlechtes Bild.
Nun bin ich weit davon entfernt, alles richtig zu finden, was in den USA abgeht. Gott bewahre. Aber etwas mehr Differenzierung darf man von einem Redakteur, der für die Financial Times Deutschland schreibt, schon erwarten. Auch, weise ich darauf hin, dass mit mancher Feststellung auch Deutschland beschrieben sein könnte. Auch wenn wir natürlich eine positive Sparquote haben und Erweiterungsinvestitionen so hat die Bildung im unseren Land zwar auf Hochglanzbroschüren und Zeitungsanzeigen in der vermeintlichen „Bildungsrepublik“ Deutschland dort einen hohen Stellenwert. Die Realität vor Ort zeigt aber ein anderes, eher ernüchterndes Bild. Zahlreiche Eltern in diesem Land werden mir Recht geben. Und was Bildung anbetrifft, so sind die Eliteuniversitäten immer noch ein Begriff, der mit Abstand immer noch besser in die US-Landschaft als in unsere passt.
Und Alternativlos ist das deutsche Unwort der Deutschen Gesellschaft für Sprachforschung, das auch eher auf Deutschland zutrifft. Bei uns werden nämlich inzwischen Alternativen ausgeblendet, weil an die Stelle von Kreativität und neuen Denkansätzen ein dumpfes „Weiter so“ und „Sozial- und Umweltromantik“ getreten sind.
Die alternativlose Hilfe für Griechenland dankt jenes uns übrigens derzeit damit, dass es nun um eine Streckung der Milliardenkredite bettelt. Was zu erwarten war. Und so wundere ich mich nicht, dass mir die von mir angeschriebenen Landtags- und Bundestagsabgeordneten auf meine Frage, ob sie eine persönliche Bürgschaft für Griechenlandanleihen geben wollen nur ausweichend antworteten.
Ja, verehrter Leser, auch mir ist nicht entgangen, dass Amerika große strukturelle Probleme hat. Ich lese jeden Tag darüber. Aber auch Deutschland schleppt strukturelle Probleme in einem Ausmaß mit sich herum, dass mir graust. Auch wenn der teuer Kurzarbeitergeld und schuldenfinanzierte Aufschwung das momentan wieder einmal überdeckt. Ich nenne nur die Stichworte Pensionslasten mit der Spezialität Beamtenversorgung, die uns noch sehr teuer kommen wird, Gesundheitssystem, Rentensystem und mangelnde Ausgabendisziplin, die sich auch in weiter steigenden Subventionen zeigen.
Und auch wenn die Bewertung von Facebook jenseits von Gut und Böse ist, so ist es immer noch die USA, die solche Geschäftsmodelle hervorbringt. Und während wir die Chinesen ob ihrer Plagiate anklagen, reisen wir selbst in Scharen in die USA, um die dortigen Geschäftsmodelle abzukupfern. Weil wir selbst nicht den Mumm und A... in der Hose haben etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Aus purem Sicherheitsfetischismus und Versagensangst. Das ist der andere Teil der Wahrheit. Den nur keiner ausspricht.
Und wie eine OHB Führungskraft aus der ersten Reihe laut und dank Wikileads-Veröffentlichung gesagt haben soll, beschäftigen wir uns mit „dummen und geldverschwenderischen Ideen, die nur französischen Interessen dient“. Wobei da die Mrd. nur so durch den Schornstein gehen und kein Budgetansatz gehalten wird. Er meinte damit das europäische Satellitenprojekt Galileo. Und dass das Bundesverfassungsgericht einen Landeshaushalt wegen der aufgenommenen Darlehen und hohen Verschuldung in einer einstweiligen Anordnung stoppt und immer wieder verantwortungslosen Regierenden, in die Speichen greifen muss, zeigt das ganze Ausmaß der politischen Misere in unserem Land.
Also wo liegt die Wahrheit?
Sie liegt wie so oft irgendwo in der Mitte. Was strukturelle Probleme angeht, so haben wir allen Grund zur Bescheidenheit. Der im letzten Jahr verstorbene Prof. Dr. Giersch wurde schon vor 20 Jahren wegen seiner Bezeichnung „Eurosklerose“ angegriffen. Wie Recht er doch hatte. Wobei wir uns von der Eurosklerose mächtig anstecken ließen.
Nein, ich will nicht Trübsal blasen. Ich sehe für uns und auch für die USA sowie für die gesamte Welt so viel Chancen wie noch nie. Da sind Schwellenländer, die für einen gewaltigen weltweiten Aufschwung in noch nie vorher dagewesenem Maße sorgen. Da sind noch immer gut ausgebildeter Deutsche und ein fleißiger Mittelstand, der nur darauf wartet, dass man ihm die bürokratischen Fesseln, die Drangsalierung durch Behörden, übereifrige Finanzbeamte und die Auswüchse eines fiskalgeilen, steuerungerechten Staats abnimmt, um loszulegen.
Da ist ein Amerika, das derzeit viel zu viel Geld in die Wirtschaft pumpt und langsam anfangen muss, die Liquidität wieder zurückzuholen, weil es sonst in zwei drei Jahren kracht, dass die Finanzkrise dagegen nur ein seichtes Lüftchen war. Da ist aber auch das Amerika, das in schweren Zeiten zusammensteht und sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zieht. Siehe General Motors. Auch, wenn der gesamte Hypothekenmarkt darniederliegt und die Wall Street Banken bereits heute ein Abgesang auf ihre einstige Größe in der Vergangenheit sind.
Aber und soviel zur Wirtschaft und Börse. Da sind eben gierige und aufholende Staaten, die wir noch vor 20 Jahren belächelten und die mit großen Schritten dabei sind uns hier im Westen zu überholen. Und die uns zeigen, wie wir einst waren. Fleissig und der Zukunft optimistisch zugewandt. Und so bin ich anderer Meinung als die Jury, was das Wort „Alternativlos“ angeht. So wie es die Kanzlerin gebrauchte, ist es mit Recht ein Unwort. Weil es für politisches, ausschließendes Kalkül und Rechtsbruch steht.
Wenn ich aber die Globalisierung betrachte, die dieser innewohnenden Dynamik und die Chancen, die sich uns weltweit eröffnen, dann meine auch ich das wir alternativlos sind. Und zwar in der Bedeutung, dass wir alternativlos alles tun sollten, um diese Chancen endlich zu nutzen.
Heute, nicht Morgen. Jetzt und nicht später. Mit einem lauten Ja statt eines zögerlichen Nein.
Dazu gab es in Wahrheit noch nie eine Alternative.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und stets hohe Renditen.
Ihr Norbert Lohrke
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