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Morrien: Die neue Rolle der USA: Papiertiger im Währungskrieg

Newsletter vom 12.10.2010Liebe Schlussgong-Leser,

 

der deutsche Leitindex zeigt sich heute unverändert. Nachdem am Morgen noch deutliche Kursabschläge verzeichnet wurden, konnte der DAX im weiteren Tagesverlauf die Verluste reduzieren und notiert zum Handelsschluss nur noch 5 Pünktchen schwächer bei 6.304.

Die Nervosität will einfach nicht raus. Zwar wurden schon viele Steine, die den nächsten wirtschaftlichen Aufschwung verhindern, aus dem Weg geräumt, dennoch tritt der DAX auf der Stelle. Angst bereitet jetzt ein „Währungskrieg“, in erster Linie zwischen China und den USA, der den Welthandel abwürgen könnte.

Rohstoffhunger im Reich der Mitte

Die internationale Energie-Agentur gab erst kürzlich bekannt, dass China die USA als größten Energieverbraucher abgelöst hat und dass noch kein Ende des steigenden Bedarfs gesehen wird. China kann den Nachfrage-Anstieg jedoch nur zu einem Teil mit eigenen Reserven abdecken und muss zusätzlich im Ausland Rohstoffe kaufen.

Der wachsende Rohstoff-Hunger erklärt auch den aktuellen Vorstoß Chinas, das jetzt verstärkt in die US-Ölförderung einsteigt. Für 1,1 Mrd. Dollar kauft sich der Staatskonzern CNOOC in ein Öl-Projekt der amerikanischen Firma Chesapeake ein. Das ist der bisher größte Einstieg Chinas in die amerikanischen Öl- und Gasbranche.

US-Regierung muss China gewähren lassen

Der Vorstoß zeigt einmal mehr die Machtlosigkeit der USA, von der kein politischer Eingriff erwartet wird, um die Investition zu durchkreuzen. Noch vor 5 Jahren ist der Vorstoß CNOOCs, den US-Konzern Unocoal zu übernehmen, am Widerstand der amerikanischen Aufsichtsbehörden gescheitert. China ist mittlerweile so mächtig, dass die Amerikaner keine andere Wahl haben, als die Chinesen gewähren zu lassen.

Denn zu groß ist die Abhängigkeit der US-Wirtschaft vom Reich der Mitte. Schließlich finanzieren die Chinesen schon seit Jahren das amerikanische Bilanzdefizit. In der momentanen Phase, in der die US-Wirtschaft immer noch nicht Tritt gefasst hat, wäre eine Verärgerung des Handelspartners sehr risikoreich. China müsste die US-Staatsanleihen nicht einmal verkaufen, um Druck auszuüben. Die Ankündigung, keine weiteren US-Papiere zu kaufen, würde schon reichen, um die USA in ein Chaos zu stürzen.

China hat die Macht aufzuwerten, wenn Peking es für richtig hält

Dessen sind sich die Amerikaner bewusst, die schmerzhaft feststellen müssen, dass das Leben auf Kreditbasis irgendwann dazu führt, dass der größte Gläubiger die Richtung bestimmt. Frei nach dem Motto: „Wer die Musik bezahlt, bestimmt auch, was gespielt wird“, bleibt also aufgrund der strukturellen Probleme der amerikanischen Wirtschaft momentan nur die Strategie „Drohen und Hoffen“.

Die Chinesen lassen sich von den Drohungen jedoch nicht einschüchtern und wissen um ihre derzeitige Unentbehrlichkeit für das weltweite Wirtschaftswachstum. Immer wieder wurde von Peking verlangt, endlich den künstlich niedrig gehaltenen Renminbi aufzuwerten. Mehr als Beteuerungen, dies zu tun und dem Lippenbekenntnis zu flexiblen Wechselkursen, ist bisher jedoch nicht erreicht worden.

China ist auf Einkaufstour

Chinas schon jetzt großer Einfluss auf die Weltwirtschaft wird in den kommenden Jahren noch spürbar zunehmen. Die Chinesen haben Geld und sind dabei, dieses Geld aggressiv weltweit einzusetzen. Neben der aktuellen Beteiligung an dem lukrativen Chesapeake-Projekt läuft parallel der Übernahme-Bieterkampf um den kanadischen Dünger-Produzenten Potash.

Schon jetzt wird über weitere Investitionen staatlich kontrollierter chinesischer Unternehmen spekuliert. Besonders im Rohstoff-Bereich war der Einstieg in die US-Wirtschaft sicher nicht der letzte Schritt. Und die USA? Die US-Regierung wird solange alles abnicken müssen, bis die eigene Wirtschaft wieder brummt.