FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach dem deutlichen Minus zur Wochenmitte hat
der deutsche Aktienmarkt am Donnerstag zu einer Erholung angesetzt.
Die Anleger honorieren, dass das US-Repräsentantenhaus den mühsam
ausgehandelten Deal im Schuldenstreit gebilligt hat. Damit sind die
Vereinigten Staaten einen großen Schritt weiter, um eine drohende
Zahlungsunfähigkeit des Staates in letzter Minute abzuwenden. Zudem
standen frische Konjunktur- und Inflationsdaten aus China, der EU
und den USA im Anlegerfokus.
Der Dax verringerte am Nachmittag seine früheren
Gewinne und notierte zuletzt noch 0,6 Prozent im Plus bei 15 757,75
Punkten. Tags zuvor war der Leitindex auf das tiefste Niveau seit
sieben Wochen gefallen und hatte den Monat Mai mit einem Verlust von
rund 1,6 Prozent abgeschlossen. Der MDax der
mittelgroßen Unternehmen drehte zuletzt knapp ins Minus auf 26
532,08 Zähler. Für den EuroStoxx 50 ging es um 0,4
Prozent nach oben.
Das US-Repräsentantenhaus stimmte für den Gesetzentwurf, mit dem die
Schuldenobergrenze bis 2025 ausgesetzt werden soll, während die
staatlichen Ausgaben in den kommenden zwei Jahren beschränkt werden
sollen. Nun muss der Senat dem Vorhaben noch zustimmen. Auch
Präsident Joe Biden muss das Gesetz noch unterzeichnen, damit der
Regierung nicht das Geld ausgeht.
In China signalisiert der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende
Gewerbe (Caixin-Index) im Mai überraschend Wachstum. Der Wert sage
sicherlich keinen bevorstehenden Wirtschaftsboom vorher, aber er
deute eben auch nicht auf dramatische wirtschaftliche Probleme hin,
erklärte Analyst Thomas Altmann von QC Partners.
Die Inflation in der Eurozone sank im Mai unterdessen stärker als
erwartet. Die Jahresrate fiel von 7,0 Prozent im Vormonat auf 6,1
Prozent, während Volkswirte im Schnitt mit 6,3 Prozent gerechnet
hatten.
Die Privatwirtschaft der USA schuf im Mai deutlich mehr neue
Arbeitsplätze als erwartet. Im Vergleich zum Vormonat kamen 278 000
Stellen hinzu, wie der Arbeitsmarktdienstleister ADP mitteilte.
Analysten hatten im Schnitt nur mit 170 000 Stellen gerechnet. Die
ADP-Daten gelten als Indikator für den am Freitag erwarteten
offiziellen US-Arbeitsmarktbericht.
Den Immobiliensektor schätzen die Anleger offenbar weiterhin
vorsichtig ein. Am Markt hieß es, angesichts unsicherer
Zinsperspektiven fehlten weiter die Kaufargumente. Vonovia
waren im Dax zuletzt mit einem Minus von 2,5 Prozent
größter Verlierer. Für LEG ging es im MDax
ebenfalls um 2,5 Prozent bergab. Aroundtown
büßten 2,9 Prozent ein.
Die Anleger von SAP ließen sich von enttäuschten
Reaktionen beim US-Wettbewerber Salesforce nicht
beunruhigen. Während sich die Aktien vorbörslich im Minus bewegten,
lag der Kurs im Xetra-Handel zuletzt mit 0,4 Prozent im Plus. Am
Markt wurde darauf verwiesen, dass Salesforce nach US-Börsenschluss
zwar ordentliche Zahlen abgeliefert, aber enttäuschenderweise das
Umsatzziel nicht angehoben hatte. Chandramouli Sriraman vom
Analysehaus Stifel wollte aber nicht viel davon auf SAP ableiten.
Heidelberg Materials verteuerten sich nach einer
Analystenstudie um 1,1 Prozent. Die US-Bank JPMorgan stufte die
Anteilsscheine des Baustoffkonzerns von "Neutral" auf "Overweight"
hoch und erhöhte das Kursziel auf 80 Euro. Analystin Elodie Rall
räumt damit der Aktie ein Potenzial von knapp 20 Prozent ein. Sie
verwies auf die verbesserten mittelfristigen Aussichten der
Baustoffhersteller. Bei Heidelberg Materials sieht die Expertin die
ehrgeizigsten Dekarbonisierungsziele und geht davon aus, dass der
Zementkonzern am stärksten von besseren Geschäftsbedingungen
profitieren wird.
Die Rally bei den Aktien des verstaatlichten Versorgers Uniper
setzte sich am Donnerstag mit einem Kursanstieg um 21
Prozent fort. Damit summiert sich das Kursplus seit vergangenen
Donnerstag auf über 80 Prozent. Uniper hatte in der Vorwoche
mitgeteilt, dass man dank Absicherungsgeschäften "signifikante
Gewinne aus der Ersatzbeschaffung von Gasmengen" für russische
Lieferkürzungen erwartet. Weitere Eigenkapitalerhöhungen des Bundes
wären daher nicht mehr erforderlich.
Der Euro wurde zuletzt bei 1,0708 US-Dollar
gehandelt. Die EZB hatte den Referenzkurs am Vortag auf 1,0683
(Dienstag: 1,0744) Dollar festgesetzt, der Dollar hatte damit 0,9361
(0,9308) Euro gekostet.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,31 Prozent am Vortag
auf 2,34 Prozent. Der Rentenindex Rex legte um 0,01
Prozent auf 126,42 Punkte zu. Der Bund-Future gewann
0,04 Prozent auf 136,09 Zähler./edh/jha/