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E-Control beruhigt: Gaspipeline-Kapazitäten auch kurzfristig buchbar / Laut Ex-OMV-Chef Roiss will Ukraine Transitvertrag mit Russland nicht verlängern - OMV: Können Kunden auch ohne russisches Gas beliefern - Gewessler will Ausstieg aus Russen-Gas forcieren

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Ex-OMV-Chef Gerhard Roiss hat in der ORF-"ZiB2" am Mittwochabend die Sorge um die Sicherheit der Gasversorgung in Österreich neu angefacht. Roiss sagte, der ukrainische Vize-Energieminister habe ihm mitgeteilt, dass die Ukraine den Gastransit-Vertrag mit Russland nicht über 2024 hinaus verlängern werde. Bei der E-Control ist man deswegen nicht sehr beunruhigt und verweist darauf, dass Pipeline-Kapazitäten durch die Ukraine auch kurzfristig gebucht werden könnten.

Der russische staatliche Gaskonzern Gazprom hatte Ende 2019 einen Fünfjahresvertrag mit der Ukraine über den Transit von russischem Erdgas abgeschlossen. Dieser endet mit 31. Dezember 2024. Über diese Pipeline läuft auch die Versorgung Österreichs mit russischem Erdgas.

"Dass der Vertrag 2024 ausläuft, wussten wir ja", sagte Carola Millgramm, Leiterin der Abteilung Gas bei der Energie-Regulierungsbehörde E-Control, am Donnerstag zur APA. "Wir bereiten uns schon länger darauf vor, dass das passieren kann." Die Pipeline sei ja physisch nicht zerstört und die Ukraine habe sich bisher immer bemüht, den Transit aufrecht zu erhalten. Pipeline-Kapazitäten könnten auch kurzfristig gebucht werden.

Auch beim Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft im Moldau ging es um den Krieg in der Ukraine und die Energieversorgungssicherheit. Diese stehe für Österreich an oberster Stelle, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Donnerstag. Die OMV stelle sich auf neue Gasquantitäten ein, um russisches Gas weiter zu ersetzen. Es gelte "die Nerven zu bewahren", Österreich sei auf einem guten Weg, erklärte Nehammer.

Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) sieht in der Causa vor allem die OMV gefragt. In deren unternehmerische Verantwortung würden die Gaslieferverträge fallen, aber natürlich stehe die Regierung unterstützend bereit, damit die Versorgung gesichert ist. Wobei dies bei Gas für den heurigen Winter ohnehin der Fall sei, denn: "Die Speicher sind voll", so der Minister am Rande einer Pressekonferenz.

Im Energieministerium von Leonore Gewessler (Grüne) betont man neuerlich, wie unsicher die Gaslieferungen aus Russland seien. "Es können Defekte an der Leitung auftreten, die Pipelines können durch kriegerische Handlungen zerstört werden", heißt es heute in einem schriftlichen Statement. Das Klimaschutzministerium habe aber mit den Energieexperten Gerhard Roiss und Walter Boltz - Boltz war bis 2016 Leiter der E-Control - umfangreiche Vorschläge zum Ausstieg aus russischem Erdgas erarbeitet.

Vorgesehen sind unter anderem strengere Speicherverpflichtungen für die Versorger, die Sicherung der entsprechenden Transportkapazitäten für nicht-russisches Erdgas und eine temporäre staatliche Übernahme der Gasversorgungstochter der OMV. Davon hält der aktuelle OMV-Chef Alfred Stern wenig. Im APA-Gespräch verwies Stern am Dienstag darauf, dass die OMV nur einen Anteil von 30 Prozent am österreichischen Gasmarkt habe und die Gasversorgung Österreichs nicht alleine sichern könne. Bisher habe es der freie Gasmarkt in Europa geschafft, die Gasversorgung aufrecht zu erhalten und für alle Kunden die Speicher zu füllen "und mittlerweile auch den Gaspreis wieder auf ein einigermaßen erträgliches Niveau runterzudrücken".

Aktuell sei die Versorgung in Österreich gesichert, heißt es aus Gewesslers Ministerium. Der Speicherstand der heimischen Gasspeicher liege über 75 Prozent und auch die Lieferungen würden ohne Einschränkungen erfolgen. Diese Situation könnte sich jedoch rasch ändern.

Die OMV übernimmt das Erdgas aus den russischen Lieferverträgen an der slowakisch-österreichischen Grenze (Baumgarten). "Die Zukunft der Vertragsbeziehung zwischen dem ukrainischen Pipelinebetreiber und Gazprom Export können wir nicht beurteilen", hieß es dazu heute auf APA-Anfrage. Die OMV habe sich aber auf Szenarien einer Unterbrechung der russischen Gaslieferungen vorbereitet und verfüge über ein diversifiziertes Portfolio, das aus Erdgas aus eigener Produktion sowie aus Erdgas von Dritten bestehe. Außerdem habe die OMV auch LNG-Regasifizierungs-Kapazitäten am GATE Terminal Rotterdam kontrahiert. "Wir arbeiten weiterhin intensiv an der Diversifikation unserer Erdgasbezüge, unter anderem beteiligt sich die OMV aktiv an der EU Joint Purchasing Platform." Die OMV habe sich auch Pipelinekapazitäten zum Transport alternativer Gaslieferungen nach Österreich gesichert und sei auch ohne russisches Gas in der Lage ihre Kunden zu beliefern.

SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll glaubt nicht, dass der Plan der Energieministerin ausreichen wird, um bis 2024 von Russland unabhängig zu sein.

NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger bezeichnete es in einer Aussendung als "unerträglich und eine Schande für unser Land", dass im März 2023 immer noch 74 Prozent der Gaslieferungen aus Russland gekommen seien. Andererseits findet Meinl-Reisinger das mögliche Ausbleiben von russischem Gas ab Ende 2024 "extrem beunruhigend für die heimische Wirtschaft".

(Redaktionelle Hinweise: GRAFIK 0791-23, 88 x 92 mm) ivn/tsk

 ISIN  AT0000743059
 WEB   http://www.omv.com

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