Aktien Europa: Neu aufgeflammte Zinssorgen lassen Wochengewinne abschmelzen
PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Schwache Vorgaben von den Überseebörsen
haben am Freitag die europäischen Aktienmärkte unter Druck gebracht.
Zinssorgen gehen wieder um. Auslöser waren die tags zuvor
veröffentlichten US-Konjunkturdaten: Die Erzeugerpreise waren nicht
so deutlich gesunken wie erhofft, während die Arbeitsmarktdaten
stark blieben.
Aussagen von den Fed-Mitgliedern Loretta Mester und James Bullard
hatten später an den US-Börsen für zusätzliche Nervosität gesorgt.
Beide sagten, zur nächsten Zinssitzung werde eine Erhöhung um
nochmals 0,50 Prozentpunkte erwogen. Damit würde die Fed ihr Tempo
wieder erhöhen, nachdem sie im Dezember und im Februar jeweils nur
einen Zinsschritt um 0,25 Prozentpunkte vorgenommen hatte.
Der EuroStoxx 50 büßte zur Mittagszeit 0,87 Prozent
auf 4258,86 Punkte ein, womit für die insgesamt stark verlaufene
Börsenwoche immer noch ein Plus von 1,5 Prozent bliebe. Für den
französischen Cac 40 ging es am Freitag um 0,69
Prozent auf 7315,36 Punkte abwärts. Der britische FTSE 100
, der tags zuvor über 8000 Punkten seine Rekordjagd
fortgesetzt hatte, gab nun um 0,22 Prozent auf 7994,57 Punkte nach.
Unter den Einzelwerten ragten die Aktien der Fluggesellschaft Air
France-KLM mit einem Kursplus von knapp 7 Prozent
positiv heraus. Das Unternehmen schreibt nach dem Corona-Einbruch
der vergangenen beiden Jahre wieder schwarze Zahlen. Analyst
Alexander Irving vom US-Analysehaus Bernstein Research lobte das
starke vierten Quartal. Die Durchschnittserlöse (RASK) seien im
Vergleich zum vierten Quartal 2019 - und damit vor der
Corona-Pandemie - um 15 Prozent gestiegen.
Ein kleines Plus von 0,6 Prozent im schwächeren Marktumfeld
verbuchten die Papiere von Safran . Sie stiegen damit
auf den höchsten Stand seit Februar 2020, kurz bevor die
Corona-Pandemie einen Börsencrash auslöste. Der französische
Triebwerksbauer und Technologiekonzern rechnet 2023 mit viel
Rückenwind. Konzernchef Olivier Andriès erhofft sich auch von der
schrittweisen Wiedereröffnung des Flugverkehrs in China eine starke
Nachfrage bei seinen Kunden, nachdem sich das Land infolge der
Corona-Pandemie und immer wiederkehrenden Lockdowns abgeschottet
hatte. Zudem dürfte Safran vor allem in Frankreich von erhöhten
Verteidigungsbudgets infolge des Angriffskrieges Russlands auf die
Ukraine profitieren.
Im SMI gewannen die Aktien des Spezialchemieunternehmens Sika
nach einem Rekordquartal bei Umsatz und Gewinn 4,2
Prozent. Swiss Re indes gaben nach der Vorlage von
Jahreszahlen und einem Ausblick auf das laufende Jahr um 0,2 Prozent
nach. Analysten sprachen dennoch von einem guten Zahlenwerk.
Dass der Luxuskonzern Hermes im vergangenen Jahr dem
schwierigen wirtschaftlichen Umfeld trotzen konnte, half den Aktien
an diesem Tag wenig. Sie gaben um marktkonforme 0,8 Prozent nach.
Allerdings sind die Papiere in diesem Jahr bereits stark gelaufen
und haben Anfang Februar ein Rekordhoch erklommen.
In Großbritannien berichteten die Bank Natwest und
der irische Baustoffhersteller Kingspan über ihr
Geschäftsjahr. Beide meldeten Gewinnsprünge. Doch während die
Natwest-Papiere um 6,7 Prozent nachgaben, legten die von Kingspan um
6,3 Prozent zu. Am Markt hieß es zu Natwest, dass Anleger die
Prognosen des Managements zur Ertragskraft und den Kosten im
laufenden Jahr kritisch sähen.
Aktien von Valneva fielen um neun Prozent. Die
Papiere des Impfstoffherstellers rissen dabei die
Chart-Unterstützung bei 6 Euro, die in den vergangenen Monaten noch
mehrfach weitere Kursverluste verhindert hatte. In den USA gibt es
Probleme mit der gemeinsamen Phase-III-Studie mit Pfizer
, die den Borreliose-Impfstoffkandidaten VLA15
evaluieren soll. Mit der Hälfte der Probanden wurde die Testreihe
abgebrochen./ck/mis