Aktien Frankfurt: Zinsangst verdrängt die Hoffnung nach starken US-Jobdaten
FRANKFURT (dpa-AFX) - Ein weiterhin sehr robuster Arbeitsmarkt in
den Vereinigten Staaten hat am Freitag den Druck auf den deutschen
Aktienmarkt wieder etwas erhöht. Seiner Kursrally am Vortag zollte
der Leitindex Dax Tribut, indem er zuletzt um 0,94
Prozent auf 15 363,70 Punkte nachgab. Er war am Vortag nach
Notenbank-Entscheidungen mit rund 15 521 Zählern auf den höchsten
Stand seit fast einem Jahr geklettert.
Der MDax der mittelgroßen Unternehmen sank am letzten
Handelstag der Woche um 1,12 Prozent auf 29 475,60 Zähler. Der
EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone stand 0,7
Prozent tiefer.
Der Jobaufbau in den USA übertrumpfe im Januar sogar noch die guten
Vormonate, konstatierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der
Liechtensteiner VP Bank. "Der Stellenzuwachs um 517 000 ist fast
schon als Job-Boom zu bezeichnen."
Anleger hatten nach den jüngsten Zinsentscheiden der Notenbanken in
den USA und der Eurozone wieder mehr Hoffnung, dass die Zinsspirale
bald zu Ende gehen könnte. Diese Hoffnungen bekommen nun aber erst
einmal wieder einen Dämpfer. Bei einem noch immer robusten
US-Arbeitsmarkt schienen die Märkte womöglich zu unterschätzen,
welchen Spielraum die US-Notenbank Fed mit Blick auf weitere
Zinsanhebungen noch habe, sagte Analyst Michael Hewson vom Broker
CMC Markets UK bereits vor der Veröffentlichung der Daten.
Im Technologiesektor, der am Vortag in New York die Rally
dominierte, dämpften am Freitag außerdem enttäuschende
Quartalszahlen von Apple , Amazon und
Alphabet die Stimmung. "Waren die Anleger nach den
starken Zahlen der Facebook-Mutter Meta in ihrer
Euphorie kaum zu bremsen, wurden sie von der bitteren Realität,
einer Kombination aus schwächerer Nachfrage, steigenden Kosten und
einem daraus resultierenden Sparzwang bei den einst hochgeflogenen
Big Techs wieder eingeholt", sagte der Kapitalmarktstratege Jürgen
Molnar vom Broker RoboMarkets.
Für die am Vortag stark gelaufenen Titel des Immobilienkonzerns
Vonovia ging es im Dax um drei Prozent bergab. Der
zinssensible europäische Immobiliensektor büßte als
schwächster der Stoxx-600-Übersicht 2,3 Prozent ein.
Die Vorzugsaktien des Konsumgüterherstellers Henkel
waren mit plus 0,5 Prozent unter den Favoriten im Dax. Händler
verwiesen als Stütze auf überraschend gute Quartalszahlen und einen
erhöhten Gewinnausblick vom US-Konkurrenten Clorox.
Die Schweizer Online-Apotheke Zur Rose verkauft ihr
Schweiz-Geschäfts an Migros und legt so den Fokus auf den deutschen
Markt. Das kam bei den Anlegern des Konkurrenten Shop Apotheke
nicht gut an, gleichwohl verringerten die Papiere im
Nebenwerteindex SDax ihr Minus auf zuletzt nur noch
0,6 Prozent.
Eine positive Analysteneinschätzung zu SGL gab den
Papieren des Kohlefaserspezialisten Auftrieb, sie gewannen mehr als
zehn Prozent. Experte Andreas Heine vom Investmenthaus Stifel hob
das Kursziel von 9 auf 13 Euro an. Sein Optimismus basiert vor allem
auf dem Markt für Siliziumkarbid-Halbleiter, der den
Geschäftsbereich Graphite Solutions antreiben sollte.
Außerhalb der großen Börsenindizes brachen Leoni um
mehr als ein Drittel ein auf ein Rekordtief von 3,65 Euro. Der in
finanzielle Nöte geratene Autozulieferer zieht einen Kapitalschnitt
zur Sanierung in Betracht. Für Leoni war ein bereits sicher
geglaubter Teilverkauf geplatzt, der 400 Millionen Euro hätte in die
Kassen spülen sollen. Anfang der Woche hatte Vorstandschef Aldo
Kamper seinen Weggang in wenigen Wochen verkündet. Ein
Kapitalschnitt wird in der Regel bei hohen Verlusten vorgenommen.
Den Aktionären droht nun eine hohe Gewinnverwässerung.
Der Euro geriet nach den Arbeitsmarktdaten unter
Druck und kostete 1,0831 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank
(EZB) hatte den Referenzkurs am Vortag auf 1,0988 Dollar
festgesetzt. Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 2,25 Prozent
am Vortag auf 2,15 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg
um 0,42 Prozent auf 126,49 Punkte. Der Bund-Future
sank zuletzt um 1,12 Prozent auf 137,84 Zähler./ajx/jha/