Aktien Europa: Schwach - Konjunktursorgen belasten Ölwerte
PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Mit deutlichen Verlusten haben die
europäischen Börsen ihre Erholungsansätze vom Vortag am Mittwoch ad
acta gelegt. Die guten Vorgaben der Wall Street verblassten
angesichts sinkender US-Futures. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx
50
Damit hat sich die Lage merklich eingetrübt. Die Hoffnung ruht nun auf den zahlreichen charttechnischen Unterstützungen, denen sich der EuroStoxx 50 nähert. "Das bisherige Jahrestief vom März bei 3387 Punkten definiert den Auftakt zu einer ganzen Reihe von markanten Unterstützungen", so der technische Analyst Jörg Scherer von HSBC. "Neben dem langfristigen Durchschnitt der letzten 200 Monate - aktuell bei 3258 Punkten - ist in diesem Zusammenhang beispielsweise der ehemalige Abwärtstrend seit Beginn des Jahrtausends bei aktuell 3139 Punkten zu nennen."
Neue Inflationsdaten verdüsterten die Stimmung an den Märkten, wie Analystin Sophie Lund-Yates von der Investmentgesellschaft Hargreaves Landsdown feststellte. Im Mai hatten sich die Verbraucherpreise in Großbritannien gegenüber dem Vorjahresmonat um 9,1 Prozent erhöht. Das war die höchste Rate seit Beginn der Erfassung im Jahr 1997. Derartige Daten heizen nach Ansicht der Analystin Befürchtungen an, die Notenbanken könnten bei der Bekämpfung der Teuerung noch aggressiver vorgehen. Die Folgen liegen auf der Hand. "Es fehlen weiter die Argumente für Aktienkäufe selbst auf dem jetzt vermeintlich niedrigen Niveau", begründete Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets die Zurückhaltung der Investoren.
An der Spitze der Verlierer standen die Öl- und Rohstoffwerte. "Die Konjunktursorgen sind nicht nur am Aktienmarkt, sondern auch deutlich am fallenden Ölpreis abzulesen", merkte Molnar dazu an. Analyst Carsten Fritsch von der Commerzbank verwies zudem auf das anstehende Treffen von Vertretern der US-Ölindustrie mit US-Präsident Biden. "Biden hatte die Raffinerien in der letzten Woche öffentlich scharf kritisiert und ihnen vorgeworfen, zu wenig Benzin zu produzieren und durch die rekordhohen Verarbeitungsmargen Gewinne auf Kosten der Autofahrer einzustreichen", so Fritsch. "Offenbar geht eine Reihe von Marktteilnehmern davon aus, dass sich die Ölindustrie gefügig zeigen und das Benzinangebot deutlich ausweiten wird."
Stahlwerte litten zudem unter kritischen Analystenstimmen. Unter
Druck standen hier ArcelorMittal
Verluste verzeichneten auch konjunkturabhängige Sektoren wie Auto und Chemie. Einen Kurseinbruch erlitten dabei Aktien des Materialtechnologie- und Recyclingkonzerns Umicore. Die Belgier hatten sich im Vorfeld ihres Kapitalmarkttages ambitionierte Ziele gesetzt und massive Investitionen angekündigt. Laut Jefferies-Experte Charlie Bentley liegen sie in den kommenden fünf Jahren um 40 Prozent über den Markterwartungen. Damit werde Fremdkapitalbedarf immer wahrscheinlicher.
Defensive Sektoren wie Telekommunikation, Nahrungsmittel und Pharma
hielten sich dagegen besser. Orange verzeichnete sogar leichte
Gewinne, nachdem Barclays die Einstufung der Aktie des
Mobilfunkunternehmens von "Underweight" auf "Equal Weight" erhöht
hatte. Auch Aktien des Nahrungsmittelkonzerns Nestle
ISIN GB0001383545 FR0003500008 EU0009658145
AXC0134 2022-06-22/11:52
Relevante Links: Nestlé SA, ArcelorMittal S.A.