AKTIEN IM FOKUS: Corona-Gewinner immer tiefer in der Krise
FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Stern der Corona-Krisengewinner sinkt
immer tiefer. Seit Jahresbeginn werden Aktien solcher Unternehmen
von Anlegern zunehmend gemieden oder abverkauft, und auch an diesem
Montag geht es weiter abwärts. Die Rotation ist weiterhin voll im
Gang, wie Frederik Altmann von Alpha Wertpapierhandel sagte.
Insbesondere Technologiewerte und andere gut gelaufene Aktien mit
Tech-Bezug würden verkauft und auf eher defensive, zyklische Aktien
gesetzt. "Dementsprechend fallen auch die als Corona-Gewinner
gehypten Papiere weiter."
Diese Entwicklung ist bereits seit geraumer Zeit zu beobachten, denn
die Anhebung der Leitzinsen in den USA rückt näher. An diesem
Mittwoch steht die erste Leitzinsentscheidung der US-Notenbank (Fed)
in diesem Jahr an. Noch wird nicht mit einem ersten Zinsschritt
gerechnet, sondern erst im März. Doch immer mehr Experten können
sich inzwischen vorstellen, dass die Fed den Leitzins dann womöglich
stärker erhöht als bisher angenommen - oder dass es vier statt drei
Zinsschritte im laufenden Jahr geben könnte.
Das führt bereits zu Jahresbeginn in den USA zu einer verstärkten
Talfahrt der hoch bewerteten Tech-Aktien. Unternehmen aus dieser
Branche sind zudem häufig auch höher verschuldet. Außerdem zehrt der
Druck durch höhere Kosten für Material und Löhne im Allgemeinen an
den Gewinnmargen von Unternehmen.
Erst vor wenigen Tagen hatte Volkswirt Carsten Klude von M.M.Warburg
angemerkt, dass sich Tech-Aktien im Vergleich zu Value-Aktien, also
als unterbewertet geltende Aktien, auf Monatssicht so schlecht
entwickelt hätten wie seit Mitte 1997 nicht mehr. Er hält die
Reaktion an den Kapitalmärkten allerdings für übertrieben, denn in
früheren Phasen, in denen die Geldpolitik vor einem Kurswechsel
stand, seien die Zinsen deutlich stärker gestiegen und die
Zinserwartungen deutlich höher gewesen.
Den einstigen Corona-Krisengewinnern hierzulande, die allesamt zu
den Wachstumswerten gehören, half diese Einschätzung an diesem
Montag wenig. Hinzu kommen dürfte für sie zudem, dass aufgrund von
Impfungen, Medikamenten und der Erwartung harmloser werdender
Mutationen auf ein absehbares Ende der Corona-Pandemie gesetzt wird.
Im Dax büßten Delivery Hero als
Schlusslicht 5,7 Prozent auf 70,32 Euro ein. Damit hat diese Aktie
nicht nur seit Jahresbeginn bald 30 Prozent an Wert verloren und ist
damit der größte Index-Verlierer, sondern notiert auch wieder auf
dem Niveau vor dem Corona-Börsencrash vom Februar 2020. Noch vor
rund einem Jahr hatte die Aktie des Essenslieferdiensts ihr
Rekordhoch bei 145,40 Euro erreicht.
Für den Kochboxen-Anbieter Hellofresh sieht es
ebenfalls düster aus. Seit dem Rekordhoch bei 97,50 Euro Mitte
November 2021 ging es für die Aktie in einer steilen Talfahrt
abwärts bis auf nun 53,82 Euro. Das bedeutet einen Verlust von
insgesamt 45 Prozent und ein Absacken auf den tiefsten Stand seit
März 2021, wobei das Minus an diesem Montag mit rund 6 Prozent zu
Buche schlägt. Im bisherigen Jahresverlauf ging es bislang um fast
20 Prozent nach unten.
Die Anteile des Pharma- und Laborzulieferers Sartorius
, die ihr Rekordhoch Ende November 2021 bei 631,60
Euro erreicht hatten, gaben im Dax an diesem Montag zuletzt um 2,3
Prozent auf 454,00 Euro nach und haben seit Jahresbeginn fast ein
Viertel an Wert eingebüßt.
Auch die Papiere der Online-Modeplattform Zalando
haben seit Jahresbeginn ihre Talfahrt weiter beschleunigt,
allerdings in einem deutlich schwächeren Tempo. Aktuell mit 2,5
Prozent im Minus bei 65,50 Euro, haben sie seit Jahresbeginn 8
Prozent eingebüßt. Seit ihrem Rekordhoch Anfang Juli 2021 bei 105,90
Euro allerdings sind es fast 40 Prozent.
Für den Software-Anbieter und Fernwartungsspezialisten Teamviewer
ging es im MDax an diesem Tag um etwas
mehr als 12 Prozent auf 13,20 Euro nach unten, was auf das bisherige
Jahr gerechnet dennoch ein Gewinn bedeutet. Immerhin war das Papier
im Dezember auf ein rekordtiefes Niveau um die 11 Euro gesackt. Die
Gründe dafür waren allerdings hausgemacht, denn kostspielige
Werbedeals mit Manchester United und Formel-1 und damit verbundene
Unternehmenszielsenkungen spielten eine wesentliche Rolle. Nach dem
Corona-Börsencrash im Februar 2020 dagegen hatte es in einem
Höhenflug bis Juli desselben Jahres noch knapp unter 55 Euro ein
Rekordhoch erreicht.
Im SDax verloren die Aktien der Shop Apotheke
zuletzt rund 8 Prozent auf 99,70 Euro und sanken auf
den tiefsten Stand seit Sommer 2020. Der Verlust seit Jahresbeginn
von rund 12 Prozent wirkt damit also nur vergleichsweise moderat,
denn vor etwas mehr als einem Jahr hatten Investoren noch 249 Euro
je Aktie gezahlt. Derzeit leiden die Papiere aber nicht nur unter
dem allgemeinen Trend, sondern auch unter der Verzögerung der
Einführung des E-Rezeptes in Deutschland.
Nicht zuletzt büßten die Aktien des Modeversandhändlers Global
Fashion Group an diesem Montag 9,4 Prozent auf 3,70
Euro ein und erreichten den tiefsten Stand seit Sommer 2020. Rocket
Internet hatte das Unternehmen erst Anfang 2020 an die Börse
gebracht. Bisher ging es im Jahr 2022 für die Aktie um etwas mehr
als 15 Prozent nach unten, während der SDax rund 10 Prozent
einbüßte, der MDax knapp 7 Prozent und der Dax etwa dreieinhalb
Prozent./ck/stw/nas